FRANKFURT (dpa-AFX) - Für den Telekommunikationskonzern und Internetdienstleister United Internet steht das erste volle Jahr nach der Drillisch-Übernahme bevor. Mitgründer und Vorstandschef Ralph Dommermuth will eine entscheidende Rolle auf dem deutschen Telekommarkt spielen. Die wichtigsten Punkte für das Unternehmen, was die Experten sagen und wie es für die Aktie läuft:

DAS IST LOS BEI UNITED INTERNET:

United Internet (1&1, GMX, Web.de) will mit den mehr als 3 Millionen dazugewonnenen Kunden des Discount-Mobilfunkanbieters Drillisch (unter anderem Yourfone, Smartmobil) mehr Druck auf die Konkurrenz der Netzbetreiber von Deutscher Telekom, Vodafone und Telefonica Deutschland machen. Jetzt möchte Chef Dommermuth rund 300 Millionen Euro zusätzlich an Subventionen für Smartphones auf den Markt werfen, um am Ende des Jahres insgesamt 1,2 Millionen neue Vertragskunden präsentieren zu können.

Das ist kein Pappenstiel für United Internet, ist für das laufende Jahr doch ein operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 1,2 Milliarden Euro eingeplant. Für den Chef und Großaktionär dennoch ein lohnendes Geschäft - will er mit dem Geld doch Kunden in Abo-Verträge locken, die bisher nur Sim-Karten von United Internet oder Drillisch bekamen. Die Subventionen selbst sollen über höhere Tarife wieder reingeholt werden.

Dommermuth setzt aber nicht nur auf Mobilfunk, sondern auch auf DSL-Verträge und bei Gewerbekunden auf das eigene Glasfasernetz von 1&1 Versatel. Die Diskussion um den Glasfaserausbau in Deutschland hat mit der neuen großen Koalition wieder Fahrt aufgenommen. Dommermuth regt zum Unwillen von Telekom-Chef Tim Höttges eine breitangelegte Allianz zum durchgehenden Netzausbau mit der schnellen Leitungstechnik an. Das Verhältnis zu den Bonnern ist wegen PR-Scharmützeln und aggressiver Werbung in den vergangenen Jahren nicht ganz unbelastet.

Beim möglichen Börsenlisting der Sparte für Gewerbeanwendungen im Internet hat Dommermuth derzeit keine Eile. Erst will er die Hausaufgaben in der Sparte erledigen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

United Internet ist nicht erst seit der Drillisch-Übernahme ein Schwergewicht im TecDax mit mehr als 10 Milliarden Euro Börsenwert. An die Schlusslichter im Leitindex Dax kommt das Unternehmen damit derzeit aber nicht mehr heran. Dommermuth hat mit 40 Prozent der Aktien das Sagen im Konzern.

Mit der Ankündigung des Drillisch-Deals entfachte Dommermuth ein wahres Kursfeuerwerk bei United Internet und den weiterhin notierten Aktien von 1&1 Drillisch, wie die Tochter heute heißt. Von den gut 42 Euro vor der Ankündigung ging der United Internet-Kurs beständig nach oben - bis er im Januar ein Rekordhoch bei 59,80 Euro erreichte. Zuletzt bröckelte der Kurs etwas im Sog der allgemeinen Börsenturbulenzen und der angekündigten Investitionen in die Kundengewinnung.

Seit Anfang 2017 hat das Papier fast 40 Prozent gewonnen - während der europäische Branchenindex für die Telekombranche nahezu 13 Prozent verloren hat. Der Index für die Technologiewerte, zu dem United Internet gehört, hat in der Zeit gut 18 Prozent zugelegt.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Grundsätzlich sind Analysten positiv gestimmt. Für United Internet gibt es im dpa-AFX-Analyser bei 10 Kaufempfehlungen und 7 neutralen Bewertungen keinen Experten, der den Ausstieg empfiehlt. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei fast 63 Euro - also knapp ein Viertel über dem aktuellen Kurs von rund 51 Euro. Bei der Telekomsparte 1&1 Drillisch stehen 3 Verkaufsempfehlungen 13 Kaufurteile gegenüber, das Kursziel von gut 69 Euro liegt ebenfalls knapp 23 Prozent über dem derzeitigen Kursniveau.

Analyst Joshua Mills von der US-Investmentbank Goldman Sachs geht davon aus, dass United Internet mit dem großangelegten Subventionsprogramm den Wettbewerb am deutschen Markt anheizt. Dabei erzielen die Netzanbieter nach längerer Zeit gerade erst wieder mehr Umsatz mit Mobilfunkdienstleistungen, weil die Kunden zunehmend bereit sind, für mehr mobilen Datenverbrauch auch wieder mehr Geld auszugeben. Mills steht darüber hinaus in Frage, wie viele der Investitionen allein dafür draufgehen, das derzeitige Wachstum der Kundenzahlen beizubehalten.

Um die neuen Prognosen zu schaffen, müsse United Internet die Schlagzahl bei den Vertragskunden vom vierten Quartal ausgehend erhöhen, schrieb Martin Jungfleisch, Experte bei Kepler Cheuvreux. Kurzfristig dürfte das operative Ergebnis sowie der freie Mittelzufluss belastet werden, schätzt Wolfgang Specht vom Bankhaus Lampe. Maurice Patrick von der britischen Barclays-Bank verwies darauf, dass Sorgen am Markt wegen einer Flaute in der Kasse überzogen seien. Schließlich kämen die Subventionen über die Tarife wieder herein und eröffneten neue Wachstumschancen. Ihm zufolge dürften die zusätzlichen Subventionen auch über 2018 hinaus weiterlaufen./men/stw/jha/

Unternehmen im Artikel: 1&1 Drillisch, United Internet