Zürich (awp/reu) - Der Elektrotechnikkonzern ABB prüft Insidern zufolge die Ausgliederung seiner umsatzstärksten Division Power Grids. Gegenwärtig würden mehrere Alternativen durchgespielt, wie die Stromnetzsparte am besten abgestossen werden solle, erklärten mehrere mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Damit werden immer wieder aufkeimende Gerüchte einmal mehr aufs Tapet gebracht.

Die gegenwärtig bevorzugte Option sei der Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung. Aber auch der Verkauf einer Minderheit oder eine separate Börsennotierung des Geschäfts seien möglich. Analysten messen Power Grids einen Wert von rund elf Milliarden Dollar zu. Eine Entscheidung dürfte einer der Personen zufolge bis spätestens zur Bilanzpressekonferenz Anfang Februar 2019 fallen.

Davor hatte bereits Bloomberg berichtet, ABB stecke in den Vorbereitungen für eine Abspaltung der Division Stromnetze. Laut der Agentur wird ABB von Credit Suisse und Dyal bezüglich eines Verkaufs oder eines Spin-off der Division beraten.

Konzernchef unter Druck

Angesichts eines über Jahre schleppenden Wachstums und der Kritik des aktivistischen Investors Cevian steht Konzernchef Ulrich Spiesshofer zunehmend unter Druck. "Alle sind sich einig, dass es Veränderungen braucht", erklärte eine zweite Person gegenüber Reuters.

Cevian, mit einem Anteil von rund fünf Prozent der zweitgrösste ABB-Eigner, trommelt bereits seit Jahren für die Abspaltung der Stromnetzsparte. Die Division stellt Produkte wie Transformatoren her, mit deren Hilfe Strom von Kraftwerken verteilt werden kann. Power Grids kam 2017 mit rund 36'000 Mitarbeitern auf einen Umsatz von 10,4 Milliarden Dollar, hinkt den anderen Sparten aber bei der Profitabilität hinterher. 2016 kam ABB nach einer einjährigen Prüfung zum Schluss, die Stromnetz-Division zu behalten, weil sie Synergien zum Rest des Geschäfts aufweise.

Interessenten auch aus Fernost

"Das Management und die Berater sind jetzt dabei zu prüfen, wie Power Grids am besten aus dem Konzern herausgelöst werden kann", sagte eine mit der Situation vertraute Person. Dabei würden unter anderem rechtliche und finanzielle Aspekte unter die Lupe genommen. Es gehe um eine gute Entscheidungs-Vorbereitung.

Zu den Interessenten zählten Infrastrukturfonds und auch andere Industrieunternehmen. Einige davon stammen aus Fernost. ABB verkaufe aber nur, wenn der Preis stimme, sagte eine der Personen. Entschliesse sich der Verwaltungsrat für einen Verkauf, werde der Vollzug der Abspaltung deutlich mehr als ein Jahr dauern. In Zusammenhang mit der Loslösung der Stromnetzsparte dürfte ABB auch die bestehende Organisationsstruktur anpassen, hiess es weiter.

ABB dürfte gleichzeitig auch weitere Zukäufe ins Visier nehmen. Einem der Insider zufolge gehört der Zürcher Konzern zu den Interessenten für ein Geschäft des US-Konzerns General Electric, das unter anderem elektrische Motoren für Flugzeugträger oder Stromwandler für Solarfarmen anbietet. Sowohl GE als auch der deutsche Rivale Siemens befinden sich zur Zeit im Umbau.

Ein ABB-Sprecher wollte sich zu einer möglichen Abspaltung der Stromnetzsparte gegenüber AWP nicht äussern.

ra/cf