"Der Markt war nie reifer", sagte Firmenchef Mirko Hüllemann in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Der Zenit ist noch ganz, ganz lange nicht erreicht." Wachsen will der Bezahldienstleister, an dem der Finanzinvestor KKR seit August 2019 die Mehrheit hält, auch durch Übernahmen. "In Europa haben wir ein Potenzial von 300 bis 400 Firmen, die man kaufen könnte. Davon sind bestimmt 20 bis 30 für uns interessant." Denkbar seien Akquisitionen in einer Größenordnung von zwei Millionen bis 500 Millionen Euro.

Die größten Konkurrenten der 2003 gegründeten Heidelberger Firma sind die niederländische Adyen und das schwedische Fintech Klarna, das mit einer Bewertung von rund fünf Milliarden Euro zu den teuersten Startups in Europa gehört. "Wir wollen in die gleichen Sphären wie Adyen und Klarna vorstoßen", sagt Hüllemann. "Europa ist sicherlich bereit für fünf bis zehn Unternehmen dieser Größenordnung und wir wollen auf jeden Fall eines dieser Unternehmen sein."

Auch ein Gang aufs Parkett könnte in ein paar Jahren zur Debatte stehen. "Ein Börsengang ist natürlich immer eine Option für frisches Kapital", erläutert Hüllemann. "Aber jetzt haben wir gerade erst KKR ins Boot geholt und haben ein paar Jahre Wachstum vor uns." Einen konkreten Zeithorizont wollte er nicht nennen. In der Regel suchen Finanzinvestoren nach drei bis fünf Jahren eine Ausstiegsstrategie. Der bisherige Heidelpay-Investor, die Private-Equity-Gesellschaft Anacap, war nur rund zwei Jahre beteiligt. KKR hatte für 60 Prozent an Heidelpay Insidern zufolge rund 600 Millionen Euro auf den Tisch gelegt. Das bewertet Heidelpay mit knapp einer Milliarde Euro. Hüllemann selbst hält noch mehr als 30 Prozent.

Das Unternehmen profitiert davon, dass immer mehr Menschen bargeldlos bezahlen und ihre Waren im Internet bestellen. 2019 verdoppelten die Heidelberger ihren Umsatz nach eigenen Angaben auf 90 Millionen Euro. Als Betriebsgewinn (Ebitda) wurden rund 40 Millionen Euro in Aussicht gestellt, konkrete Ergebnisse liegen noch nicht vor.

DIE GANZE BRANCHE IST IM ÜBERNAHMEFIEBER

Der Rivale Adyen spielt bereits in einer anderen Liga: Im ersten Halbjahr 2019 kletterte das Ebitda um 79 Prozent auf 126 Millionen Euro. Das 2006 gegründete Unternehmen ging Mitte 2018 mit einem Ausgabepreis von 240 Euro je Aktie an die Börse - mittlerweile notieren die Titel bei 822 Euro. Adyen kommt auf eine Marktkapitalisierung von 25 Milliarden Euro und ist zehn Milliarden Euro mehr wert als die Deutsche Bank. Auch Wirecard wächst seit Jahren rasant, der Betriebsgewinn soll in diesem Jahr auf bis zu 1,12 Milliarden Euro zulegen.

Weltweit grassiert in der Zahlungsdienstleistungsbranche das Übernahmefieber: 2019 hatte der US-Anbieter Fiserv für 22 Milliarden Dollar den Konkurrenten First Data übernommen. Der Spezialist für Banken-IT, Fidelity National Information Services (FIS), schluckte für 35 Milliarden Dollar den Payment-Anbieter Worldpay und der US-Kreditkartenriese Mastercard verleibte sich für 3,2 Milliarden Dollar Teile des dänischen Zahlungsverkehrsdienstleisters Nets ein. Dieser wiederum hatte sich zuvor den deutschen Anbieter Concardis geschnappt, der einmal den deutschen Banken gehört hatte.