- von Christian Krämer und Andrea Shalal

Die dämpfenden Effekte hätten sich zuletzt noch verstärkt, sagte der deutsche Notenbankchef Jens Weidmann am Freitag auf der IWF-Tagung in Washington. Die bereits in Kraft getretenen und angekündigten Sonderzölle zwischen den USA und China könnten das Wachstum der beiden größten Volkswirtschaften der Welt mittelfristig um jeweils 0,75 Prozentpunkte drücken. Der Welthandel dürfte um 1,5 Prozent gedämpft werden.

Jüngstes Beispiel in dem Zwist ist der Streit über Subventionen für den europäischen Flugzeugbauer Airbus. Hier haben die USA gerade nachgelegt und neue Zölle verhängt. Seit Freitag gelten Abgaben auf Importe aus der Europäischen Union auf Waren im Volumen von 7,5 Milliarden Dollar. Die EU-Kommission will darauf mit Gegenzöllen reagieren. Ähnlich hat sich der von US-Präsident Donald Trump entfachte Handelsstreit mit China hochgeschaukelt.

Weidmann und Bundesfinanzminister Olaf Scholz betonten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz aber, sollte der Brexit kein Chaos verursachen und der Handelsstreit gelöst werden, könne sich die Konjunktur - auch in Deutschland - besser entwickeln als jetzt gedacht. Scholz sagte: "Wir würden es sofort spüren." Die Unsicherheit müsse aber weg. Unternehmen schöben Investitionen auf. "Sie vertagen ihre Entscheidungen."

Die Bundesregierung hat ihre Prognose für das Wachstum der deutschen Wirtschaft gerade deutlich gesenkt und rechnet für 2020 nur noch mit einem Plus von 1,0 Prozent. Manche Ökonomen sind aber skeptisch, ob das nicht immer noch zu zuversichtlich ist. "Das wird so nicht eintreten", sagte BayernLB-Chefökonom Jürgen Michels der Nachrichtenagentur Reuters. Er prognostiziert 0,3 Prozent Wachstum für nächstes Jahr. "Die Sicherheit ist weg, globale Wertschöpfungsketten funktionieren nicht mehr richtig. Die Unternehmen werden dadurch viel vorsichtiger."

Auf der IWF-Tagung in der US-Hauptstadt wird unterdessen über die künftige Besteuerung multinationaler Konzerne gerungen. "Wir brauchen jetzt noch weitere Regelungen", sagte Scholz, der hofft, dass sich bis Anfang 2020 ein Konsens abzeichnen wird. Es soll eine globale Mindestbesteuerung großer Firmen geben und die Frage geklärt werden, welches Land wie stark Gewinne von Internetfirmen abschöpfen kann. Diese verlagern ihre Profite oft in Niedrigsteuerländer, was für starke Kritik gesorgt hat.

Auch die geplante Facebook-Digitalwährung Libra steht oben auf der IWF-Agenda. "Die Kritik daran reißt nicht ab", sagte Scholz mit Blick auf das Libra-Projekt. Er selbst sei skeptisch, weil private Firmen keine Währungen ausgeben sollten, die dann in Konkurrenz zum Euro oder Dollar stünden. "Man kann davon ausgehen, dass das auf keine Gegenliebe der Staatengemeinschaft trifft." Es müsse verhindert werden, dass hier eine neue Weltwährung etabliert werde. "Gleichzeitig wissen wir aber, dass es etwas zu tun gibt", schränkte Scholz ein. Grenzüberschreitende Zahlungen müssten schneller und günstiger werden. "Es gibt also Reformbedarf." Hier sei die Finanzbranche gefragt. Experten trauen Facebook mit seinen 2,4 Milliarden Nutzern zu, das globale Finanzsystem auf den Kopf stellen zu können.