Sie befürchtet eine Stagnation ihrer gerade erst wieder in Schwung gekommenen Exporte in die Islamische Republik und sorgt sich zugleich um Aufträge aus den USA. Wirtschaftsvertreter fordern deshalb sowohl die Bundesregierung als auch die EU-Kommission auf, ihre Engagements abzusichern. Die Forderung des neuen US-Botschafters in Berlin, Richard Grenell, nach einem raschen Ende der Iran-Geschäfte wurde zurückgewiesen.

"Der Druck der US-Regierung auf Unternehmen mit Iran-Geschäft erhöht sich dramatisch mit unabsehbaren Folgen", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, am Mittwoch. "Es ist dringend erforderlich, unsere Unternehmen wirkungsvoll vor den Auswirkungen von US-Sanktionen zu schützen." Ähnlich sieht das der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Aufgrund der Sanktionen drohten Unternehmen empfindliche Strafen in den USA, sagte dessen Präsident Eric Schweitzer.

Für Verärgerung sorgte US-Botschafter Grenell mit seiner Forderung an die Wirtschaft, Geschäfte mit dem Iran zu beenden. "Herr Grenell ist ja erst kurz Botschafter in unserem Land und wird sich sicherlich in seine neue Rolle noch einfinden", sagte das Geschäftsführende Vorstandsmitglied der Deutsch-Iranischen Handelskammer, Michael Tockuss. "Ich bin auch sicher, dass unser Auswärtiges Amt ihn darauf hinweisen wird, dass es nicht seine Aufgabe sein kann, deutschen Firmen Anweisungen zu geben oder zu drohen." Ähnlich äußerte sich DIHK-Präsident Schweitzer: "Es sind die USA, die aus dem Abkommen mit dem Iran aussteigen und damit ein internationales Abkommen verlassen. Dass hierunter nun auch die Aktivitäten deutscher Unternehmen leiden sollen, ist nicht nachvollziehbar."

Grenell hatte sich am Dienstagabend kurz nach Trumps Ankündigung über den Kurznachrichtendienst Twitter zu Wort gemeldet: "Deutsche Unternehmen, die im Iran tätig sind, sollten den Betrieb unverzüglich einstellen", schrieb er. Das sorgte auch bei Politikern für Unverständnis: "Ich glaube, der neue US-Botschafter hat seine Rolle und seine Aufgaben noch nicht verstanden", sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Peiffer.

Welche Folgen die US-Aktion für die hiesige Konjunktur hat, ließ das Bundeswirtschaftsministerium offen. Die deutschen Warenexporte in den Iran sind 2017 überdurchschnittlich stark gestiegen, allerdings auf niedrigem Niveau: Sie erhöhten sich um 16 Prozent auf rund drei Milliarden Euro. Das entspricht gerade einmal gut 0,2 Prozent der deutschen Gesamtexporte. "Das wird in diesem Jahr auf diesem Niveau stagnieren", so Tockuss von der Deutsch-Iranischen Handelskammer.

AIRBUS-AKTIE UNTER DRUCK

Großkonzerne hielten sich zunächst bedeckt zu den Folgen von Trumps Entscheidung. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass eine der wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt eine politische Entscheidung getroffen hat", sagte Siemens-Finanzchef Ralf Thomas. Der Industrie-Riese werde sich an alle Export-Vorschriften halten. Erst im vergangenen Jahr hatte Siemens einen Sonderertrag von 130 Millionen Euro verbucht, weil Aufträge im Iran nach dem Ende der Sanktionen wieder auflebten. "Wir werden Dinge, die wir begonnen haben, im rechtlichen Rahmen auch zum Ende bringen", ergänzte Thomas.

Auch VW äußerte sich zurückhaltend. "Volkswagen hat im vergangenen Jahr damit begonnen, Fahrzeuge in den Iran zu exportieren", erklärte ein Sprecher. "Wir beobachten und prüfen die Entwicklung des politischen und wirtschaftlichen Umfelds in der Region daher sehr genau." Henkel-Chef Hans Van Bylen sagte, die Folgen für den Konsumgüterkonzern seien noch nicht klar. Über einen möglichen Rückzug aus dem Iran wolle er nicht spekulieren. Henkel erwirtschaftet im Iran ein Prozent des Konzerngeschäftes. 2017 erlösten die Düsseldorfer insgesamt rund 20 Milliarden Euro.

Konkrete Folgen drohen Airbus. US-Finanzminister Steven Mnuchin kündigte an, dem europäischen Flugzeugbauer und dem amerikanischen Rivalen Boeing die Lizenz zum Verkauf von Passagiermaschinen an Iran zu entziehen. Damit steht die Bestellung von 200 Fliegern für IranAir mit einem Listenpreis von insgesamt 38,3 Milliarden Dollar auf der Kippe. Die Hälfte dieser Aufträge entfällt auf Airbus. Die Aktien des Unternehmens fielen an der Pariser Börse um 1,1 Prozent.