- von Jörn Poltz und Alexander Hübner

AMS gibt sich nun mit einer Annahmequote von 62,5 Prozent zufrieden, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Das gilt als leichter erreichbar als die 70 Prozent, die AMS bisher zur Bedingung für die 4,3 Milliarden Euro teure Übernahme des Münchner Lichtkonzerns gemacht hatte. Der Vorstand und der Aufsichtsrat von Osram empfahlen den Aktionären, das Angebot aus der Steiermark aus finanziellen Gründen anzunehmen, auch wenn sie einen Verkauf an die Finanzinvestoren Bain und Carlyle weiterhin für sinnvoller erachten würden. Finanzkreisen zufolge neigt auch der größte Aktionär von Osram, der Vermögensverwalter Allianz Global Investors, dazu, das Angebot von AMS anzunehmen.

"Die finanzielle Attraktivität der Offerte war dabei höher zu gewichten als Kritikpunkte", teilte Osram in München mit. AMS überbietet mit 38,50 Euro je Aktie die beiden Finanzinvestoren, die nur 35 Euro zahlen wollen. Die fünf Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat votierten aber gegen die Empfehlung. Der Betriebsrat sprach sogar von einem "feindlichen Akt", wie AMS um die Gunst der Aktionäre geworben habe. Das Angebot von Bain und Carlyle vom Juli hatten Vorstand und Aufsichtsrat einstimmig empfohlen.

Allianz Global Investors, die Fondstochter des Münchner Versicherungsriesen Allianz, hat mit neun Prozent der Anteile eine Schlüsselrolle inne. AllianzGI hatte das Angebot von Bain und Carlyle als zu niedrig bewertet und ihren Übernahmeplan damit in weite Ferne rücken lassen. Finanzkreisen zufolge würde der Vermögensverwalter sein Osram-Aktienpaket an AMS verkaufen, sofern die Finanzinvestoren nicht mindestens noch gleichziehen. Beide Angebote laufen bis zum 1. Oktober. Ein AMS-Manager sagte am Montag in München, das strategische Konzept von AMS sei bei AllianzGI "auf positives Feedback gestoßen". Weitere knapp drei Prozent an Osram hat AMS nach eigenen Angaben am Markt gekauft - das geht, so lange die Aktien unterhalb des Angebotspreises notieren.

Selbst bei einer Annahmequote von 62,5 Prozent darf AMS hoffen, am Ende auf rund 75 Prozent zu kommen und damit einen Beherrschungsvertrag schließen zu können. Denn Indexfonds, die gut zehn Prozent an Osram halten, dürfen ihre Anteile erst nach einer erfolgreichen Übernahme abgeben.

AMS: "EINIGE HUNDERT STELLEN" IN DER VERWALTUNG FALLEN WEG

AMS-Vorstandschef Alexander Everke warb vor Journalisten in München noch einmal für die Übernahme. Der Lichtspezialist Osram und der Sensorhersteller AMS könnten sich zusammen neue Märkte für LED-gestützte Sensortechnik erschließen - etwa zur Steuerung autonom fahrender Autos, die sie alleine nicht erobern könnten. Everke zeigte sich zuversichtlich, der Osram-Belegschaft Ängste vor einem groß angelegten Stellenabbau nehmen zu können. Die Belegschaften beider Unternehmen ergänzten sich weitgehend. "95 Prozent sind komplementäre Teams, die fast nicht überlappend sind", sagte Everke. In der Verwaltung wolle AMS aber "einige hundert" Stellen abbauen. Betriebsbedingte Kündigungen schloss AMS nicht aus.

Die Österreicher müssen sich auf heftigen Widerstand aus der deutschen Belegschaft einstellen. Osram beschäftigt weltweit rund 25.000 Mitarbeiter, davon rund 6500 in Deutschland. Die Gewerkschaft IG Metall befürchtet unter der Ägide von AMS einen größeren Stellenabbau. Auch Vorstand und Aufsichtsrat sehen das unternehmerische Konzept von Bain und Carlyle als tragfähiger an, wie es in der offiziellen Stellungnahme beider Gremien zur AMS-Offerte heißt. Der Sensorspezialist interessiert sich für das Opto-Halbleiter-Geschäft und die Autozuliefersparte. Von der Digitalsparte und der Produktion von Standard-LEDs wollen sich die Österreicher trennen. Mögliche Käufer aus der Branche seien bereits angesprochen worden.

AMS hat zwar zugesagt, Teile der Osram-Produktion aus Asien nach Deutschland zu verlagern und damit den Standort Regensburg zu stärken. Osram bezweifelt aber, dass der Plan aufgeht. Die angestrebte Verlagerung aus Malaysia nach Bayern sei schwieriger als AMS glaube. Die Kostensenkungen von 300 Millionen Euro im Jahr, mit denen AMS kalkuliert, seien fraglich. Osram äußerte auch die Befürchtung, dass AMS mit einer Integration des dreimal so großen deutschen Konzerns scheitern könnte. AMS setzte im vergangenen Jahr 1,4 Milliarden Euro um, Osram mehr als vier Milliarden Euro. Ende Oktober wollen die Österreicher sich von ihren Aktionären eine Kapitalerhöhung um 1,5 Milliarden Euro genehmigen lassen, mit der der zunächst kreditfinanzierte Osram-Kauf zum Teil refinanziert werden soll.