Zürich (awp) - Der Energiekonzern Alpiq erachtet seine Krise als überwunden, nachdem er seinen Industriebereich verkauft hat. Die frühere Konzernchefin Jasmin Staiblin hinterliess dem Präsidenten und neuem Chef Jens Alder mit dem Streit über den Kaufpreis allerdings ein unschönes Erbe.

Ende Juli 2018 war das Dienstleistungsgeschäft, etwa die Gebäudetechnik und das Gebäudemanagement, an die Baugesellschaft Bouygues in Frankreich gegangen. Damit wandte sich Alpiq ausschliesslich ihrem traditionellen Geschäft, der Stromproduktion, zu und sieht den Turnaround als geschafft an.

Mit der Abspaltung des Industriegeschäfts sei die Gruppe nun finanziell und strategisch stabilisiert, hiess es vom Unternehmen am Montag anlässlich der Bilanzmedienkonferenz. Und selbst wenn im vergangenen Jahr unter dem Strich erneut ein Verlust resultiert hat, ist laut Alpiq Erholung in Sicht.

Streit über Kaufpreis

Für den Industriebereich zahlte Bouygues 790 Millionen Franken. Nun befinden sich die beiden in den Verkauf involvierten Parteien allerdings im Clinch wegen des definitiven Kaufpreises: Bouygues verlangt gut 200 Millionen Franken zurück, während Alpiq weitere 13 Millionen fordert. Ein Schiedsgericht in der Schweiz soll die Frage nun klären.

Wie bei Übernahmen gängige Praxis wurde laut Alpiq eine Anpassung des Kaufpreises nach Vollzug der Transaktion vereinbart. Nachdem dieser zunächst basierend auf einem Pro-forma-Abschluss per Ende Juli definiert wurde, sollte im Nachhinein dann die definitive Schlussbilanz erstellt werden.

Da es sich bei dem an Bouygues veräusserten Bereich jedoch um ein klassisches Projektgeschäft handelt, ist etwa die Bewertung nicht abgeschlossener Projekte nicht ganz einfach. Alpiq habe sich jedoch an die Richtlinien des Rechnungslegungsstandards IFRS gehalten, sagte Finanzchef Thomas Bucher vor den Medien. Wie es zu der grossen Differenz kommen konnte, könne er nicht nachvollziehen.

"Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind", sagte zudem Präsident und CEO Alder. Die Differenz sei für einen Vergleich zu gross. Deswegen hätten beide Parteien das Schiedsgericht angerufen.

In einigen Jahren neuer Chef

Schnell wird der Fall sicher nicht abgehandelt werden. "Das wird keine kurze Angelegenheit", sagte Bucher. Das Schiedsgericht werde "ab der Due Dilligence alles anschauen".

Nach dem Verkauf des Industriegeschäfts gab Ende 2018 Jasmin Staiblin nach sechs Jahren ihren Chefposten ab. Dieser Schritt sei für den Verwaltungsrat nicht überraschend gewesen, sagte Alder. Sie ist laut Alpiq gegangen, nachdem der Turnaround geschafft und eine Konsolidierungsphase begonnen habe. Im Februar informierte Alpiq dann über die Auseinandersetzung mit Bouygues.

Alder will den Konzern indes in seiner Doppelrolle "vorübergehend" und durch die besagte Konsolidierungsphase führen. 80 Prozent der Mitarbeiter seien mit dem Verkauf gegangen, dass sei keine einfache Veränderung, sagte dieser am Montag. Im fortgeführten Geschäft wies Alpiq Ende 2018 rund 1550 Vollzeitstellen aus.

Über 2019 hinaus werde er wohl auch operativ am Hebel bleiben, fünf Jahre würden es aber wohl nicht werden.

Tief steht noch bevor

Im Geschäftsjahr 2018 erlitt Alpiq einen Verlust im fortgeführten Geschäft von 261 Millionen Franken nach einem Gewinn von 4 Millionen Franken im Vorjahr. Wird das gesamte Geschäft berücksichtigt, ergab sich ein Verlust von 63 Millionen Franken nach einem Verlust von 84 Millionen Franken im Vorjahr.

Die abgesicherten Strompreise lagen erneut unter den Produktionskosten, was auch im laufenden Jahr noch der Fall bleiben dürfte. Alpiq sichert den Verkauf der Produktion wie in der Branche üblich zu einem grossen Teil drei Jahre im Voraus ab. Die Grosshandelspreise, die deutlich zurückgegangen waren und Anfang 2016 ein Tief gesehen haben, schlagen sich daher erst zeitverzögert ab 2020 positiv im Ergebnis von Alpiq nieder.

ys/jr