KARLSRUHE (dpa-AFX) - Beim Online-Shopping können die Produktbewertungen früherer Käufer Orientierung geben - aber was die Anderen schreiben, muss nicht unbedingt Hand und Fuß haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) klärt am Donnerstag die Frage, ob der Anbieter des Produkts für solche fragwürdigen Aussagen haftet. Die obersten Zivilrichter in Karlsruhe können ihr Urteil gleich nach der Verhandlung oder erst in den nächsten Wochen verkünden. (Az. I ZR 193/18)

Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) hat einen Händler aus Essen verklagt, der auf Amazon sogenannte Kinesiologie-Tapes anbietet. Dort hatten Nutzer geschrieben, das Produkt lindere Schmerzen. Medizinisch ist das nicht gesichert. Der Verband hatte den Händler wegen dieser Behauptung schon vor einigen Jahren abgemahnt. Dieser hatte sich damals per Unterlassungserklärung verpflichtet, nicht mehr damit zu werben. Der VSW sieht diese Verpflichtung durch die Kundenbewertungen gebrochen und pocht auf die Zahlung einer Vertragsstrafe.

In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Die Bewertungen enthielten zwar irreführende Angaben, entschied das Oberlandesgericht Hamm im September 2018. Der Verkäufer habe darauf aber keinen Einfluss. Die Richter hielten die Rezensionen insbesondere nicht für Werbung. Ihr Inhalt könne sich in kürzester Zeit verändern, eine einzige vernichtende Kritik ganz schnell ein positives Meinungsbild zerstören. Außerdem wisse der Durchschnitts-Verbraucher zumindest ungefähr, wie Amazon und das Bewertungssystem funktionierten.

Amazon hatte es auf Anfrage des Händlers abgelehnt, die Bewertungen zu löschen. Der VSW meint, dann hätte der Anbieter sein Produkt eben ganz von der Seite nehmen und es anderweitig verkaufen müssen. "Die Händler nutzen die breiten Vorteile einer großen Plattform wie Amazon, wollen aber nicht die Nachteile in Kauf nehmen", sagte VSW-Geschäftsführer Ferdinand Selonke. Das sei nicht vertretbar./sem/DP/zb