Anleger fragen sich, welche Auswirkungen die Trennung von Jeff und MacKenzie Bezos nach 25 Jahren auf die Eignerstruktur des weltgrößten Onlinehändlers und die aggressiven Wachstumspläne haben wird. Dabei geht es in erster Linie darum, wie das Paar sein Vermögen aufteilt, zu dem unter anderem eine Beteiligung von etwa 16 Prozent an Amazon gehört. Das wertvollste Unternehmen an der Wall Street kommt derzeit auf eine Bewertung von mehr als 810 Milliarden Dollar. Bezos selbst ist laut "Forbes" rund 136 Milliarden Dollar schwer. Das Scheidungsrecht im US-Bundesstaat Washington, wo das Paar mit seinen vier Kindern hauptsächlich lebt, sieht vor, dass der während der Ehe erworbene Besitz gleich auf die Partner verteilt wird.

Die ersten Investoren sind nervös. Der Chef des Hedgefonds Seabreeze Partners, Doug Kass, beispielsweise hat seine Amazon-Aktien nach der Bekanntgabe der Scheidung am Mittwoch verkauft und sagt, er denke jetzt erstmal in Ruhe nach. Portfolio-Manager Robert Bacarella vom Investmenthaus Monetta rechnet damit, dass wachstumsorientierte Portfolio-Manager ihre Anteile an Amazon nun zurückfahren: "Dies ist solch ein weit verzweigtes Unternehmen und die Scheidung ermöglicht es ihnen zu sagen 'Vielleicht schraube ich mein Investment zurück, weil es nun ein weiteres Fragezeichen gibt'." Er selbst will Amazon allerdings treu bleiben.

"ES KOMMT DARAUF AN, WAS SIE WILL"

Ob der Amazon-Gründer und die erfolgreiche Schriftstellerin überhaupt Abmachungen bei der Eheschließung trafen, was im Falle einer Trennung passiert, ist bisher unklar. In der Twitter-Nachricht, über die die Scheidung verkündet wurde, hieß es, beide würden Partner bei ihren Projekten und Unternehmen bleiben.

Fest steht offenbar, dass die Scheidung nicht günstig wird. Da das Paar allerdings überall im Land Eigentum besitzt, kann es diese auch in einem Bundesstaat einreichen, in dem keine gleiche Aufteilung des Vermögens verlangt wird. Der New Yorker Scheidungsanwalt Bernard Clair sagt, dass in einem solchen Fall wahrscheinlich ein Richter den Anteil festsetzt, der MacKenzie zusteht. Er werde daran gemessen werden, welche Rolle sie beim Erfolg ihres Mannes gespielt habe. Besonders in den Anfangstagen von Amazon spielte die Princeton-Absolventin eine aktive Rolle in der Firma und stellte ihre eigene Karriere zeitweise zurück.

Die Öffentlichkeit wird im Falle von Änderungen an der Eignerstruktur nicht lange im Unklaren gelassen. Ändert sich der Amazon-Anteil von Bezos um mehr als ein Prozent, ist eine Nachricht an die US-Börsenaufsicht SEC fällig. Juraprofessor Peter Henning von der Wayne State Universität merkt an, dass Amazon - im Gegensatz zu den anderen beiden großen Technologiegiganten Facebook und Google - seinem Gründer nicht mehr Stimmrechte einräumt. Sollte MacKenzie also eine größere Beteiligung - maximal acht Prozent wären möglich - erhalten, hätte sie auch etwas bei Amazon zu sagen. "Sie könnte sich einige Kontrolle sichern und auch eine Direktorenposition. Es kommt darauf an, was sie will", sagte Anwalt Thomas Gorman.

Analyst Michael Pachter von der Investmentfirma Wedbush Securities kann die ganze Aufregung nicht nachvollziehen: "Sofern man nicht damit rechnet, dass er von der Scheidung so abgelenkt wird, dass er sein Unternehmen nicht mehr führen kann, ist dies ein unbedeutendes Ereignis". Bezos ist auch Besitzer der "Washington Post" und der Raketenfirma Blue Origin.