BERLIN (dpa-AFX) - Mal schnell mit dem Handy oder dem Tablet bestellt und kurze Zeit später klingelt der Lieferservice mit der georderten Pizza oder dem Burger: Das Geschäft mit der Essensbelieferung boomt. Hierzulande rollt vor allem Delivery Hero mit seinen Marken Lieferheld, Foodora oder Pizza.de den Markt auf. Wie die Situation beim Unternehmen ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI DELIVERY HERO:

Essenslieferanten machen ihr Geschäft vor allem mit der Provision, die sie bei jeder Bestellung erhalten. Gewinne wirft das derzeit weder bei Delivery Hero noch bei der Konkurrenz ab. Delivery Hero will im vierten Quartal dieses Jahres die Gewinnschwelle erreichen. Zunächst aber nur im Tagesgeschäft und auf monatlicher Basis. Erst 2019 soll dann auch im Gesamtjahr das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) schwarz sein.

Wer nicht eine marktbeherrschende Stellung einnimmt, hat es schwer in der Branche. Daher gehört auch für Delivery Hero das Kaufen von Konkurrenten oder Verkaufen von nicht viel versprechenden Geschäften dazu. So haben die Berliner beispielsweise das Großbritannien-Geschäft Hungryhouse an den Konkurrenten Just Eat verkauft. Erst im vergangenen Monat folgte der Rückzug aus der Schweiz. Der dortige Lieferservice Foodarena ging an den niederländischen Rivalen Takeaway.com. Gleichzeitig kauft Delivery Hero aber auch fleißig zu, etwa in Südamerika, Griechenland oder Ungarn. Für seine Expansion hatte sich der Konzern Ende vergangenen Jahres frisches Geld an der Börse besorgt.

Experten gehen davon aus, dass die Konsolidierung in der Branche weiter zunehmen wird. Auch Taxi-Schreck Uber oder Internetgigant Amazon haben das Geschäft mit der Essensbelieferung inzwischen entdeckt. Amazon bislang nur in den USA, Uber Eats gibt es hingegen auch in Europa, wenn auch noch nicht in Deutschland. Auch Facebook hat inzwischen die Fühler auf dem Markt ausgestreckt und verbündet sich mit einzelnen Lieferdiensten oder Restaurantketten.

Das ungestüme Wachstum geht zu Lasten der Beschäftigten, finden hingegen die Gewerkschaften, denen die Arbeitsbedingungen in der Branche ein Dorn im Auge sind. Fehlende Mitbestimmung, eine Vielzahl befristeter Arbeitsverhältnisse sowie eine große Zahl von Solo-Selbstständigen lautet ihre Kritik.

DAS SAGEN EXPERTEN:

Alle der 13 im dpa-AFX Analyser erfassten Analysten empfehlen die Aktie von Delivery Hero derzeit zum Kauf. Am optimistischsten ist die US Investmentbank JPMorgan, die für die Aktie ein Kursziel von 59 Euro ausgibt, das sind fast 10 Euro mehr als der aktuelle Kurs. Die Aktie sei einer der größten Wachstumsgeschichten in dem Sektor, schreibt Analyst Marcus Diebel. Das Unternehmen sei führend in den Schwellenländern und werde daher besonders von der wachsenden Online-Durchdringung der Takeaway-Industrie profitieren.

Delivery Hero ist derzeit in etwa 40 Ländern aktiv. Zweitgrößter Markt ist nach Europa die Region Naher Osten und Nordafrika mit Ländern wie der Türkei, Saudi-Arabien, Kuweit oder Ägypten. Die Investmentbank Morgan Stanley sieht hier auch die größten Wachstumschancen für das Unternehmen. Sowohl in den Golfstaaten als auch in der Türkei würden Konsumenten im Schnitt mehr für Essenslieferungen ausgeben als beispielsweise in Deutschland. Gleichzeitig seien die Märkte noch nicht so gesättigt.

Auch Goldman Sachs sieht den Markt für Essenslieferungen noch am Anfang und hält die Delivery-Hero-Aktie für eine der besten Optionen, um in dieses Wachstum versprechende Feld zu investieren. Dass auch große Schnellrestaurant-Ketten wie McDonald's, KFC oder Pizza Hut inzwischen mit Delivery Hero kooperieren, sieht Analyst Rob Joyce als gutes Zeichen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Delivery Hero ging im Juni 2017 an die Börse und gehört seit kurzem bereits dem MDax an. Vom Ausgabepreis der Papiere von 25,50 Euro beim Börsengang vor gut einem Jahr stiegen sie erst am Freitag auf ein Rekordhoch von 50,70 Euro. Seit Jahresbeginn legten die Aktien um gut 51 Prozent zu und sind damit Spitze im MDax.

Schwäche zeigte der Kurs von Delivery Hero zum Jahresanfang. Um Geld für Zukäufe und Wachstum einzusammeln, gab das Unternehmen mehr als 18 Millionen neue Aktien aus, die teils an den Markt, teils an Minderheitsaktionäre gingen. Das brachte brutto gut 360 Millionen Euro ein. Das hohe Angebot an Aktien drückte jedoch auf den Kurs: Dieser sackte bis Anfang Februar um fast 20 Prozent ab. Anschließend ging es dann aber wieder kontinuierlich nach oben./she/tav/jha/