PREMSTÄTTEN/MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der österreichische Sensorspezialist AMS kommt dem Lichtkonzern Osram beim erneuten Versuch der milliardenschweren Übernahme entgegen. Nachdem das Münchener Traditionsunternehmen beim ersten Anlauf erhebliche Kritik an der Strategie und am unklaren Integrationsprozess geäußert hatte, hat AMS das Angebot nun an verschiedenen Punkten überarbeitet, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten neuen Angebotsunterlage hervorgeht.

Aus dem neuen Dokument geht hervor, dass etwa die Osram-Digitalsparte nicht mehr komplett und endgültig zur Disposition gestellt wird. Stattdessen ist zunächst eine gemeinsame Bestandsaufnahme der Geschäfte und Synergien angedacht. Die zuvor geplante Verlagerung der Fertigung aus dem malaysischen Kulim nach Regensburg ist nun nicht mehr unbedingt vorgesehen, sondern es soll auch hier eine gemeinsame Bestandsaufnahme der Fertigungsstrategie geben. Beide Aspekte gehörten zu den Hauptkritikpunkten, die Osram bei der ersten Offerte geäußert hatte.

An der Börse wurden die Nachrichten unterschiedlich aufgenommen. Während die im MDax gelistete Osram-Aktie am Nachmittag weitgehend unverändert war, lagen die in Zürich gelisteten AMS-Papiere rund 2 Prozent im Plus.

Das zweite Angebot sieht unter anderem vor, dass je die Hälfte der Verwaltungsfunktionen in München und Premstätten angesiedelt werden sollen - mit einem signifikanten Teil der Teams in München. Sowohl die Finanz-, IT- und Personalabteilung als auch die Marktkommunikation- und Patentabteilung sollen ihren Hauptsitz in München haben. Außerdem soll die Marke Osram erhalten bleiben und in den neuen Firmennamen Einzug finden.

Auf personeller Ebene strebt der AMS-Vorstand eine Erweiterung des Aufsichtsrats von 9 auf 12 Mitglieder an. Beabsichtigt ist, dass sowohl ein IG-Metall-Vertreter als auch zwei Kapitalvertreter des Osram-Aufsichtsrats in das Gremium aufgenommen werden sollen. Des weiteren soll ein Osram-Manager in den AMS-Vorstand einziehen.

Die IG Metall und der Osram-Betriebsrat hatten die erste Offerte entschieden abgelehnt. Die Gewerkschaft befürchtet eine Zerschlagung und einen Stellenabbau. AMS stellt in seiner neuen Offerte nun insgesamt mehr Zugeständnisse in Aussicht, auch im Hinblick auf die Beschäftigungssicherung in Deutschland.

Zu den Inhalten des neuen Angebots wollte sich Osram am Donnerstag nicht näher äußern. Der Konzern teilte auf Nachfrage lediglich mit, dass er binnen der gesetzlichen Frist von zwei Wochen die begründete Stellungnahme seines Vorstandes und Aufsichtsrats veröffentlichen werde. Derzeit befinde sich das Unternehmen in konstruktiven Gesprächen mit AMS und verhandele gemeinsam eine Kooperationsvereinbarung. Osram begrüße die bisherigen Verhandlungsergebnisse und hoffe, die Vereinbarung bald abschließen zu können. Ob Vorstandschef Olaf Berlien sich an diesem Dienstag bei Vorlage der Jahresbilanz näher zur Offerte äußern wird, bleibt abzuwarten.

AMS-Chef Alexander Everke zeigte sich derweil überzeugt, dass die Übernahme nun gelingt. "Der heutige Tag markiert sowohl für AMS als auch für Osram einen wichtigen Meilenstein", befand der frühere Siemens-Manager. Er zeigte sich zuversichtlich, dass es klappen werde, einen weltweit führenden Anbieter von Sensoriklösungen und Photonik zu schaffen, der auf europäischer Expertise und Technologie basiert. Sowohl Kunden als auch Anteilseigner würden von dem Zusammenschluss beider Unternehmen profitieren. AMS sieht darin weiterhin eine "strategische Logik".

AMS hält derzeit knapp 20 Prozent an Osram und ist durch gezielte Aktienkäufe zum größten Aktionär aufgestiegen. Erst am Mittwochabend war bekanntgeworden, dass der Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI) seine Anteile am Lichtkonzern fast halbiert hat. Nachdem AGI zuletzt gut 9 Prozent gehalten hatte, sind es jetzt nur noch rund 5 Prozent. Wer die Aktien übernommen hat, ist unklar. Zudem ist der Hedgefonds Sand Grove Capital kürzlich bei Osram eingestiegen und hält 5,75 Prozent am Konzern.

Die Aktionäre des Leuchtenherstellers können ihre Anteile vom 7. November bis zum 5. Dezember anbieten. Die Bedingungen für das Gebot bleiben so, wie sie am 18. Oktober angekündigt wurden. Demnach bietet AMS weiterhin 41 Euro je Osram-Anteil. AMS will diesmal mindestens 55 Prozent der Osram-Anteile erhalten. Das Unternehmen geht davon aus, dass die Übernahme im ersten Halbjahr 2020 abgeschlossen wird.

Der erste Anlauf war im Oktober daran gescheitert, dass die Österreicher die selbst gesetzte Mindestschwelle von 62,5 Prozent der Anteile verfehlten. Die AMS-Offerte bewertet Osram insgesamt mit rund 4,6 Milliarden Euro.

AMS verspricht sich von dem Zusammenschluss früheren Angaben zufolge unter anderem Einsparungen von 240 Millionen Euro pro Jahr. Dafür würden zunächst Integrationskosten von rund 400 Millionen Euro fällig. AMS ist stark verschuldet und deutlich kleiner als Osram. AMS will die Übernahme auf Pump stemmen und plant zudem eine Kapitalerhöhung./eas/mne/jha/