LONDON (awp international) - Der Chipentwickler Dialog Semiconductor stellt die Beziehung zu seinem wichtigsten Kunden Apple neu auf. Dialog schloss in diesem Zusammenhang eine millionenschwere Vereinbarung mit dem iPhone-Hersteller ab, wie das Unternehmen am Donnerstag in London mitteilte. Dabei lizenziert Dialog gewisse Technologien für Chips zur Stromsteuerung (PMIC) an Apple aus und überträgt zudem Vermögenswerte. Damit findet Dialog eine Lösung für den schwelenden Konflikt um die Stromchips - es war lange darüber spekuliert worden, dass die Amerikaner diese künftig in Eigenregie herstellen könnten. Mittelfristig will sich Dialog von Apple unabhängiger machen.

Dialog erhält für die Lizenz und die Vermögenswerte 300 Millionen US-Dollar in bar. Im Zuge der Transaktion sollen mehr 300 Dialog-Ingenieure sowie weitere Mitarbeiter zu Apple wechseln, die bereits an der Entwicklung der Apple-Chips mitarbeiten. Dies entspreche rund 16 Prozent der Dialog-Belegschaft, hiess es. Apple übernimmt zudem Einrichtungen in Neuaubing (Deutschland), Livorno (Italien) und Swindon (Grossbritannien). Die Einsparungen aus der Vereinbarung bezifferte das Management auf geschätzte 35 Millionen Dollar pro Jahr. Die Transaktion soll in der ersten Hälfte 2019 abgeschlossen werden. Die Lizenz sei dabei nicht exklusiv, betonte Dialog-Chef Jalal Bagherli in einer Telefonkonferenz. Dialog kann die Technologien demzufolge selbst weiter für andere Kunden nutzen.

Gleichzeitig erhielt Dialog den Angaben zufolge ein breites Spektrum neuer Aufträge von Apple für Chips. Dafür erhält der Konzern noch einmal 300 Millionen Dollar als Vorauszahlung. Erste Umsatzerlöse daraus werden 2019 erwartet und sollen in den zwei darauffolgenden Jahren weiter steigen. Auch Aktionäre sollen von der Transaktion profitieren: Dialog kündigte ein Rückkaufprogramm von bis zu 10 Prozent der Aktien an, welches nach der Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Quartal Ende Oktober auf den Weg gebracht werden soll.

Die Aktie von Dialog vollführte am Vormittag Freudensprünge. Trotz eines schwachen Marktes schnellte das Papier um mehr als ein Viertel nach oben - Investoren begrüssten das Ende der latenten Unsicherheit im Zusammenhang mit Apple. Zuletzt hatte der US-Konzern Dialog zufolge Ende Mai gegenüber erklärt, von dem Unternehmen künftig weniger Chips zur Stromsteuerung beziehen zu wollen. Dies kam kaum überraschend, da sich seit Ende vergangenen Jahres Spekulationen hielten, Apple könnte diese wichtigen Chips künftig in Eigenregie herstellen. Darunter hatte die Dialog-Aktie massiv gelitten.

Nach Ansicht von Veysel Taze, Analyst bei Oddo BHF, hat Dialog nun eine "saubere Lösung" für das Geschäft gefunden. Die Vereinbarung nehme viel Unsicherheit heraus.

Auf die Umsätze für das laufende Jahr hat die Vereinbarung keine Auswirkungen. Auch die Umsatzrendite dürfte nicht signifikant betroffen sein, hiess es. Dialog werde die laufende PMIC-Generation weiter an Apple liefern. Der Umsatzbeitrag dürfte dem Management zufolge ab 2019 zurückgehen. Neue Umsatzbeiträge für die Chips für die iPhone-Modelle ab 2019 oder das iPad und die Apple Watch ab 2020 erwartet Dialog jedoch nicht mehr. Dagegen sollte der Umsatz aus zukünftigen gemeinsamen Projekten über die bereits angekündigten Aufträge wachsen.

Gleichzeitig will sich Dialog neben dem Mobilgerätegeschäft auf weitere wachstumsträchtige Bereiche konzentrieren - wie dem Internet der Dinge oder dem Geschäft mit Autochips - und dort verstärkt investieren. Damit will sich Dialog unabhängiger von Apple machen. 2018 dürfte der Beitrag mit Apple-Produkten bei 75 Prozent liegen, so der Dialog-Chef. 2022 rechnen die Chipentwickler noch mit 35 bis 40 Prozent.

Auch Zukäufe sind dabei nicht ausgeschlossen. Zuletzt war Dialog Ende Juli mit einer Übernahme des Touchscreen-Hersteller Synaptics gescheitert, nachdem dieser eine Offerte abgelehnt hatte./nas/mis/men