FRANKFURT (dpa-AFX) - Der italienische Autobahnbetreiber Atlantia ist wegen des Brückeneinsturzes in Genua unter Beschuss geraten. Die italienische Regierung macht den Betreiber der Brücke, die Atlantia-Tochter Autostrade per l'Italia, für das Unglück verantwortlich und droht dem Unternehmen mit Lizenzentzug. Atlantia weist die Schuld für den Brückeneinsturz zurück.

Wie es weitergeht bei Atlantia, die wichtigsten Punkte für das Unternehmen, was die Experten sagen und wie es für die Aktie läuft:

DAS IST LOS BEI ATLANTIA:

Der Betreiber der Brücke in Genua, deren Einsturz rund 40 Menschen das Leben kostete, gehört zum Großteil zu Atlantia. Italienische Regierungsmitglieder machen Autostrade per l'Italia für die Katastrophe verantwortlich und wollen der Atlantia-Tochter die Straßenbetriebslizenz entziehen.

Atlantia weist die Schuld zurück, stellt aber eine halbe Milliarde Euro als Soforthilfe in Aussicht, um die Regierung milde zu stimmen. Das Geld soll den Angehörigen der Opfer zukommen sowie für dringend nötige Reparaturen verwendet werden - etwa von Straßen, die durch den Brückeneinsturz beschädigt wurden. Der zur Modedynastie Benetton gehörende Konzern Atlantia kann nach eigenen Angaben die zerstörte Brücke wieder innerhalb von acht Monaten durch den Bau einer neuen ersetzen.

Gelingt es Atlantia nicht, den italienischen Staat auf die eigene Seite zu ziehen, droht böses. Auch wenn dem Betreiber im Falle eines Lizenzentzugs eine Ausgleichszahlung zustünde, könnte solch ein Schritt ernsthafte Folgen für die Aktionäre und Anleihebesitzer von Atlantia haben, warnte der Konzern.

Unterdessen steckt Atlantia gemeinsam mit Hochtief und dessen spanischer Mutter ACS mitten in der Übernahme des Mautstraßenbetreibers Abertis für mehr als 18 Milliarden Euro. Hochtief hält bereits die Mehrheit an Abertis. In einem weiteren Schritt soll das lukrative Unternehmen von der Börse genommen und in eine gemeinsame Gesellschaft mit ACS und Atlantia eingebracht werden.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Der mögliche Verlust der Straßenbetriebslizenz in Italien nach dem Brückeneinsturz von Genua lässt die Analysten im Bezug auf die Atlantia-Aktie vorsichtiger werden. Atlantia dürfte nach Einschätzung von Analyst Enrico Bartoli vom Investmenthaus Mainfirst zwar alle vertraglichen Bedingungen erfüllt haben, doch entstehe durch die Regierungspläne eine längerfristige Unsicherheit. Er strich seine Empfehlung und stufte die Aktien auf "Neutral" ab. Das Kursziel senkte er von 30,50 auf 23,40 Euro.

Auch Analystin Olivia Peters von der australischen Bank Macquarie reagierte auf die herrschende Ungewissheit mit einer Zielsenkung. Sie reduzierte es von 32 auf 26 Euro und stufte die Aktien ebenfalls von "Outperform" auf "Neutral" ab. Neben dem drohenden Lizenzentzug sowie möglichen - eigentlich versicherten - Kosten im Zusammenhang mit dem Unglück, verwies sie auf Störungen auf der wichtigen Verkehrsroute. Das könnte die Geschäfte belasten. Aus Sicht von Daniele Ridolfi vom Analysehaus Kepler Cheuvreux ist es zwar nicht einfach, dem Unternehmen schwerwiegende Verstöße gegen seine Verpflichtungen nachzuweisen, aber die Rahmenbedingungen für die Konzessionen könnten sich verschlechtern.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Nach dem Brückeneinsturz sind die Aktien des Mautstraßenbetreibers Atlantia auf Talfahrt gegangen. Die Papiere verloren seit dem Unglück fast ein Drittel an Wert. Den bisher tiefsten Stand erreichte das Papier am Freitag mit 17,265 Euro. So wenig kostete eine Aktie zuletzt im Oktober 2014./mne/nas/fba