HAMBURG (dpa-AFX) - Hamburg, meine Perle! Nun gut, der HSV ist inzwischen abgestiegen, doch im urigen Stadtteil Veddel wird noch immer mit

Weltrang produziert. Dort, auf der Peute, ist mittlerweile die Heimat der ehrwürdigen Kupferhütte Aurubis. Ihr kommt entscheidende Bedeutung zu, weil Kupfer ein wichtiger Motor der Weltwirtschaft ist. Die aktuellen Konjunktursorgen gehen deshalb aber auch an Aurubis nicht spurlos vorüber. Was im Konzern los ist, wie die Analysten das Unternehmen beurteilen und wie sich die Aktie entwickelt hat.

DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:

Aurubis und sein Kupfer sind eng mit der Geschichte der norddeutschen Hansestadt verknüpft. In Hamburg erlangte das Metall, das die Römer aurum rubrum ("rotes Gold") nannten, besondere Bedeutung 1842. In diesem Jahr zerstörte ein Brand große Teile der Altstadt. Als Lehre aus der Katastrophe wurden nicht brennbare Materialien wie eben Kupfer zur Dachdeckung vorgeschrieben.

Nur wenige Jahre später entstand die Norddeutsche Affinierie, ein Vorläufer von Aurubis. Heute produziert die Salzgitter-Beteiligung mehr als 1 Million Tonnen Kupferprodukte jährlich. Als Begleitprodukte der dafür erforderlichen Schmelzprozesse werden unter anderem Eisensilikat und Schwefelsäure, aber auch Edelmetalle wie Silber oder Gold erzeugt.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr brockten die Notbremse bei einem ausufernden Modernisierungsprojekt sowie die schwächelnde Weltwirtschaft dem Kupferkonzern allerdings einen Gewinnrückgang ein. Hinzu kamen Abschreibungen etwa auf Kupfervorräte sowie in der Sparte für Flachwalzprodukte. Auch machen dem seit Juli 2019 amtierenden Konzernchef Roland Harings die aktuell niedrigen Schmelzlöhne für Kupfer Sorgen, weshalb dieser auf die Kostenbremse tritt.

Nicht ganz einfach gestaltet sich auch der Umbau des Konzerns. So stemmten sich die Wettbewerbshüter vor knapp einem Jahr gegen den Verkauf der Flachwalz-Geschäfte an die Wieland Gruppe, und aktuell steht die geplante Übernahme des belgisch-spanischen Recyclers Metallo Group auf wackligen Füßen. Denn die EU-Aufseher haben bereits Bedenken wegen einer womöglich zu großen Marktmacht angemeldet.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Marktbeobachter sehen derweil mit nicht allzu großer Euphorie auf das Kurspotenzial der Aurubis-Aktie. Insgesamt zehn Experten sind im dpa-AFX-Analyser erfasst, davon raten sieben zum Halten und nur einer zum Kauf der Aktien. Einen Verkauf empfehlen zwei Fachleute. Das Kursziel der Experten liegt im Mittel mit knapp 47 Euro deutlich unter dem aktuellen Kurs von mehr als 52 Euro.

Eher optimistische Töne schlug Analyst Ingo-Martin Schachel von der Commerzbank an, indem er die Gewinnqualität der Kupferhütte im Schlussquartal herausstrich. Lob hatte Schachel auch für den frei verfügbaren Barmittelfluss übrig. Holger Fechner von der Landesbank NordLB ergänzte, Aurubis setze seine Multimetall-Strategie unverändert fort, wobei die zuletzt verkündete Übernahme der belgisch-spanischen Metallo-Gruppe ein wichtiger Baustein sein soll. Durch weitere mögliche Zukäufe insbesondere von neuen Recycling-Standorten könnten zudem mehr Auslandsmärkte erschlossen werden.

In diesem Jahr aber könnten deutlich niedrigere Löhne für das Einschmelzen von Kupfer Spuren hinterlassen, warnte Analyst Christian Obst von der Baader Bank. Hintergrund ist ein deutlicher Rückgang der für 2020 zwischen einigen chinesischen Kupferhütten und dem US-Bergbaukonzern Freeport-McMoran vereinbarten Benchmark-Schmelzlöhne - also der Schmelzlöhne, an denen sich die Branche orientiert.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Auf lange Sicht zeigen die Aktien erstaunliche Steherqualitäten. Um die Jahrtausendwende kostete ein Wertpapier der Norddeutschen Affinerie noch rund 10 Euro, doch in den Folgejahren wurde ein Rekord nach dem anderen geknackt. Zwischenzeitliche leichte Rückschläge steckten die Papiere der 2009 in Aurubis umbenannten Kupferhütte locker weg. Die jahrelange Rally an den internationalen Aktienmärkten bescherte den Anteilsscheinen dann Anfang 2018 ein Rekordhoch bei fast 87 Euro.

2018 aber war weltweit kein gutes Aktienjahr, und das bekamen auch die Aktionäre von Aurubis zu spüren. Zudem machten die Anteilsscheine die Erholung der globalen Börsen Anfang 2019 nur halbherzig mit und rutschen im Frühjahr sogar weiter ins Minus, bis sie sich im August bei rund 35 Euro und damit auf dem tiefsten Stand seit Sommer 2011 wiederfanden.

Die jüngsten Quartalszahlen setzten an der Börse ein deutlich positives Ausrufezeichen, denn die Anleger hatten eigentlich Schlimmeres erwartet: Die Aktien schnellten in mehreren Schüben nach oben und erreichten Mitte Dezember bei 58 Euro das höchste Niveau seit mehr als einem Jahr. Jüngst haben die Papiere gleichwohl wieder etwas Schwung verloren.

Die Kursverluste der letzten Tage haben die Aurubis-Aktien wieder unter die 21-Tage-Durchschnittlslinie gedrückt, die noch aufwärts gerichtet ist und den kurzfristigen Trend beschreibt. Charttechnisch ist auf mittlere und vor allem auf lange Sicht aber (noch) "alles gut": Die Papiere bewegen sich weiterhin über der 50- beziehungsweise 200-Tage-Linie./la/tav/mis