Für 2019 rechnet der Branchenverband VCI nur noch mit einem Umsatzplus von 2,5 Prozent, während er für dieses Jahr einen Zuwachs von 4,5 Prozent auf gut 204 Milliarden Euro erwartet. Das Wachstum werde dabei unverändert vor allem aus dem Ausland kommen. "Der Aufschwung in Deutschland nähert sich seinem Ende. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum dürfte sich im Jahresverlauf 2019 weiter abschwächen", sagte VCI-Präsident Hans Van Bylen, der auch Vorstandschef bei Henkel ist, am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz des Verbands in Frankfurt. Wenn größere Rückschläge ausblieben, könne die Produktion der Chemie- und Pharmaindustrie wohl um 1,5 Prozent zulegen, die Preise dürften um ein Prozent steigen.

Für 2018 geht der Verband nun von einem schwächeren Anstieg der Chemieproduktion um 2,5 (bislang 3,5) Prozent aus, die Preise dürften sich um zwei (bislang 1,5) Prozent erhöhen. Nach einem guten ersten Halbjahr habe die Dynamik in der zweiten Jahreshälfte deutlich nachgelassen. Für eine Abschwächung der Konjunktur habe vor allem der Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie der nahende Austritt Großbritanniens aus der EU gesorgt. Für zusätzliche Belastungen sorgte das seit Monaten anhaltende Niedrigwasser im Rhein, das die Anlieferung von Vorprodukten oder den Abtransport von Waren erschwerte. Konzerne wie der Ludwigshafener Chemieriese BASF mussten deshalb ihre Produktion drosseln. Mit einer Normalisierung des Rhein-Pegels dürfte sich die Lage aber wieder entspannen.

"Auch wenn die wirtschaftliche Lage aktuell schwierig ist und die kurzfristigen Prognosen sich eingetrübt haben - langfristig sind die Aussichten für die Chemie am Standort Deutschland gut", urteilte Van Bylen. Der Wettbewerb mit China nehme aber zu. Zwar profitiere die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie vom wachsenden chinesischen Markt, "Erfolge konnte die deutsche Chemie aber nur erzielen, weil sie sich den chinesischen Spielregeln anpasste". Das Land müsse sich daher weiter öffnen und die internationalen Handelsregeln einhalten.

Sorgen macht dem VCI vor allem ein "harter Brexit" bei einem ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU 2019 - dieser sei in den Prognosen für das kommende Jahr, die auf einer weitgehend normalen Lage basierten, nicht berücksichtigt. "Zollzahlungen und zeitaufwendige Zollprozeduren an den Grenzen könnten zahlreiche Lieferketten ebenso zum Erliegen bringen wie plötzliche fehlende Registrierungen oder Zulassungen für chemische Produkte aus Großbritannien", sagte Van Bylen. Für die chemisch-pharmazeutische Industrie und ihre Kunden sei eine Einbindung Großbritanniens in die EU-Chemikalienbehörde ECHA auch nach dem Brexit daher enorm wichtig.

Im Unterhaus in London läuft am Dienstag eine fünftägige Debatte der Abgeordneten über den Austrittsvertrag an, über den am 11. Dezember abgestimmt werden soll. Bisher ist nicht erkennbar, ob die Minderheitsregierung der konservativen Premierministerin Theresa May dann eine Mehrheit für den Entwurf erhält. Bei einer Niederlage droht am 29. März 2019 ein ungeregelter EU-Austritt, wenn die Briten daran festhalten.