LUDWIGSHAFEN (awp international) - Die Gewinnwarnung des Chemiekonzerns BASF schockt die gesamte Branche. Neben den Papieren der Ludwigshafener brachen auch Aktien von Covestro, Lanxess und Evonik ein. Strauchelt ein bedeutender Konzern in einer Branche, dann rechnen viele Anleger auch bei den anderen Unternehmen mit mauen Geschäften. So hatte BASF seine Jahresprognose am Montagabend wegen der trüberen Weltwirtschaft und weiter schwelender Handelskonflikte drastisch zusammengestrichen.

Die spürbar schwächere weltweite Industrieproduktion drückt bei dem Dax -Riesen auf die verkauften Mengen und auf die erzielbaren Preise, was die Gewinnmargen belastet. Die Aktie rauschte am Dienstag nach Handelsbeginn um bis zu 6,5 Prozent in die Tiefe. Covestro , Lanxess und Evonik verloren jeweils mehr als 4 Prozent, Covestro sogar mehr als 6 Prozent. Der europäische Branchenindex der Chemiewerte sank um mehr als 2 Prozent.

Grund für den Pessimismus war das Ausmass der Gewinnwarnung von BASF-Vorstandschef Martin Brudermüller. Statt eines leichten Anstiegs von einem bis zu zehn Prozent beim um Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern geht BASF nun für das laufende Jahr von einem satten Minus um bis zu 30 Prozent aus. Auch beim Umsatz sehen die Aussichten mit einem leichten Rückgang nun nicht mehr so gut aus wie zuvor geplant, als der Konzern noch mit einem Plus von einem bis fünf Prozent rechnete.

Gemeinhin hatten angesichts der wirtschaftlichen Lage viele Branchenexperten eine mögliche Gewinnwarnung bereits auf dem Zettel. Die sei nun aber noch drastischer ausgefallen als erwartet, schrieb Analyst Andreas Heine von der Investmentbank Mainfirst. Der neue Ausblick liege auch deutlich unter den bisherigen durchschnittlichen Analystenschätzungen am Markt, schrieb Goldman-Sachs-Expertin Georgina Iwamoto.

BASF verwies insbesondere auf die besonders stark ausgefallenen Wachstumseinbussen in der globalen Automobilindustrie, insbesondere in China. Die Autoindustrie ist einer der grössten Endabnehmer für die von BASF hergestellten Produkte. Zusätzlich habe auch die schwache Entwicklung des Agrarsektors in Nordamerika wegen schwieriger Witterungsbedingungen belastet. Zudem hätten sich die Konflikte zwischen den USA und ihren Handelspartnern - insbesondere China - anders als vom Konzern angenommen bislang nicht entschärft. Insgesamt bleibe die Unsicherheit hoch.

So lägen auch die vorläufigen Zahlen zum zweiten Quartal "deutlich" unter den Erwartungen von BASF zu Jahresanfang. Der Umsatz sank demnach um 4 Prozent auf 15,2 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen sackte um 47 Prozent auf 1,0 Milliarden Euro ab. Die endgültigen Zahlen will BASF am 25. Juli vorstellen.

Am Ende Juni angekündigten Sparprogramm hält der Konzern fest. So sollen bis Ende 2021 weltweit 6000 Stellen wegfallen. Das sind knapp fünf Prozent der 122 000 Arbeitsplätze, die BASF global Ende 2018 ausgewiesen hatte. Ungefähr die Hälfte der Stellen soll in Deutschland eingespart werden, der überwiegende Teil am Heimatstandort Ludwigshafen, hatte ein Sprecher gesagt.

BASF ist kein Einzelfall, die deutsche Chemie- und Pharmabranche insgesamt leidet immer stärker unter Handelskonflikten und der eingetrübten Weltkonjunktur. Nach einem schwachen ersten Halbjahr rechnet die Branche nur mit einer moderaten Belebung im Jahresverlauf, wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) erst vor wenigen Tagen mitteilte. "Die Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung bleiben hoch", sagte Präsident Hans Van Bylen mit Blick auf den Handelsstreit zwischen den USA und China, den Brexit und den Iran-Konflikt.

Für 2019 hatte der VCI deshalb erneut seine Prognose gesenkt: Er rechnet nun mit einem Umsatzrückgang um 3 Prozent auf 197 Milliarden Euro. Zuletzt war er von einem Minus von 2,5 Prozent ausgegangen. Die Produktion in der drittgrössten deutschen Industriebranche soll um 4 Prozent sinken und damit ebenfalls stärker als bisher kalkuliert.

Als Zulieferer für viele weitere Branchen wie auch die Bau- und Kosmetikindustrie bekommt die Chemiebranche schlechtere Geschäfte bei ihren Abnehmern früh zu spüren und gilt als Konjunkturindikator./he/men/als/hgo/eas/mis