LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Der US-Konzern Monsanto hat vor der Übernahme durch Bayer offenbar nicht nur in Frankreich umstrittene Listen mit Kritikern und Unterstützern erstellen lassen. Nach aktuellem Stand werde von Listen in Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Polen, Spanien und Großbritannien ausgegangen, teilte Bayer am Dienstag in Leverkusen mit. Die von Bayer beauftragte Anwaltskanzlei Sidley Austin soll nun untersuchen, ob es in weiteren Ländern derartige Listen gegeben hat. "Es ist uns wichtig, die Aufklärung des Sachverhaltes voranzutreiben," schrieb Bayer-Chef Werner Baumann Ende der vergangenen Woche in einem offenen Brief an den Deutschen Bundestag.

Der Skandal um das sogenannte Stakeholder-Mapping-Projekt von Monsanto war Mitte Mai im Zuge von Vorermittlungen der französischen Behörden wegen des Verdachts der illegalen Erfassung privater Daten hochgekocht. Rund 200 Namen von Wissenschaftlern, Journalisten und Politikern sollen auf der Liste des US-amerikanischen Saatgut- und Pestizidherstellers stehen. Bayer hatte sich für die "komplett unangemessene" Praxis entschuldigt.

Monsanto bereitet Bayer seit der Übernahme im vergangenen Jahr Sorgen. Das Unternehmen sieht sich vielen tausend Klagen in den USA wegen angeblicher Krebsrisiken glyhposathaltiger Unkrautvernichter gegenüber. Erst in der vergangenen Woche hatte Bayer den dritten Prozess verloren und sieht sich nun mit einer von den Geschworenen verlangten Schadenersatzsumme von rund 2 Milliarden US-Dollar (1,8 Mrd Euro) konfrontiert - was nochmals deutlich mehr ist als in den ersten beiden Prozessen.

Die Summe dürfte Experten zufolge zwar vom Richter reduziert werden und Bayer kündigte bereits an, in Berufung zu gehen. Die Unsicherheit wegen der Glyphosat-Prozesse lastet aber schwer auf den Aktien. Seit dem ersten Urteil gegen Monsanto im vergangenen August haben die Bayer-Papiere rund 40 Prozent an Wert verloren./mis/tav/jha/