Im Kampf gegen die wachsende Bedrohung durch multiresistente Keime will die Pharmaindustrie ihre Kräfte bündeln.

Nachdem sich die meisten führenden Arzneimittelhersteller aus der Erforschung neuer Antibiotika zurückgezogen haben, will die Branche dieses Thema auch angesichts der Corona-Pandemie verstärkt angehen. Die neue Antibiotika-Initiative, an der unter anderem Roche, Novartis, GlaxoSmithKline, Bayer und Merck beteiligt sind, soll am Donnerstag zeitgleich in Berlin und Washington angekündigt werden. Man habe fast eine Milliarde Dollar einsammeln können, hieß es im Umfeld der Teilnehmer. Ziel sei, bis 2030 zwei bis vier neue Antibiotika zu entwickeln, die zur Behandlung antimikrobieller Resistenzen eingesetzt werden könnten. Auch die Bundesregierung unterstützt die Initiative.

Langfristig könnte der unkontrollierte Anstieg antimikrobieller Resistenzen (AMR) größere Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und die Wirtschaft haben als Covid-19, heißt es in der Einladung zur Vorstellung der Initiative. "Aber im Gegensatz zu Covid-19 ist AMR eine vorhersehbare und vermeidbare Krise - wir müssen jetzt Maßnahmen ergreifen." Ziel der Initiative ist die Entwicklung einer gut gefüllten Pipeline an neuen effektiven Antibiotika.

Weltweit nehmen Resistenzen gegen Antibiotika zu. Zugleich waren in den vergangenen Jahren immer weniger Pharmafirmen in diesem Forschungsgebiet tätig, denn für sie ist Erforschung neuer Antibiotika wenig lukrativ: Die Rendite ist bei Volkskrankheiten wie Diabetes oder kostspieligen Krebsbehandlungen viel höher als bei Antibiotika, die üblicherweise nur für wenige Tage verschrieben werden und möglichst selten zur Anwendung kommen sollten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte bereits 2014 vor einer weltweiten Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen. Rund 20 Jahre ist es her, dass die bislang letzte komplett neue Klasse von Antibiotika auf den Markt kam.