(Im zweiten Absatz muss es richtig heißen: Der ID Buzz soll in den USA angeboten werden. Damit wird klargestellt, dass er nicht dort gebaut wird.)

DETROIT/CHATTANOOGA (dpa-AFX) - Angesichts drohender US-Zölle auf Importwagen will Volkswagen Elektroautos in den USA bauen: Die Wolfsburger stecken rund 700 Millionen Euro für die Fertigung der Stromer in ihr Werk in Chattanooga. 2022 soll dort mit dem Stadtgeländewagen ID Crozz das erste vollelektrische Modell auf Basis des VW-Elektrobaukastens vom Band rollen, wie Konzernchef Herbert Diess am Montag in Detroit mitteilte. Konjunktursorgen und der Zollstreit drückten gleichzeitig die Stimmung bei der größten nordamerikanischen Automesse. Die deutsche Branche sieht die Handelspolitik der Trump-Regierung mit großer Sorge und fordert, den transatlantischen Zollstreit zu beenden.

"Die Entscheidung, unsere US-Fertigung für Elektrofahrzeuge in Chattanooga anzusiedeln, ist ein wesentlicher Bestandteil der Wachstumsstrategie von Volkswagen in Nordamerika", sagte Diess. "Wir kämpfen um Marktanteile in den USA." Lange hatte das Unternehmen offengelassen, ob es das Werk in Tennessee auf Elektrofahrzeuge umrüstet. Chattanooga gilt als vergleichsweise gering ausgelastet. Auch der E-Bulli ID Buzz soll künftig in den USA angeboten werden.

Davon abgesehen war zum Auftakt des Branchentreffens in Michigans alter Industriemetropole nicht viel los. Die Messe ist auf dem absteigenden Ast, Produktpräsentationen sind rar. Alle Augen sind allerdings auf Volkswagen und Ford gerichtet, die am Dienstag Details zu Fortschritten bei den Gesprächen über eine geplanten Allianz bei leichten Nutzfahrzeugen verkünden wollen. Laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur hatte der VW-Aufsichtsrat dieser am Freitag grundsätzlich zugestimmt.

Diess betonte, es sei sinnvoll, zusammenzuarbeiten. Nach dpa-Informationen kommen beide Hersteller gemeinsam auf rund 1,1 Millionen leichte Nutzfahrzeuge jährlich. Der VW-Chef erklärte, sein Unternehmen sei bereit dazu, seine Plattform für E-Autos zu teilen. Er machte aber auch klar, dass individuelle Mobilität teurer werde - vor allem das Einstiegssegment werde unter Druck geraten.

Vorerst dominierte jedoch das Thema Handelsstreit. Die deutschen Autobauer zittern vor einer Eskalation des Konflikts zwischen den USA und Europa. "Die Beseitigung von Importzöllen und größtmögliche Verständigung über Regulierungen wären der richtige Weg. Davon würden beide Seiten profitieren", sagte Klaus Bräunig, Geschäftsführer des deutschen Branchenverbands VDA. Man sei "sehr besorgt, welche Richtung in der US-Handelspolitik seit 2017 eingeschlagen wurde".

Präsident Donald Trump, der sein Land von Handelspartnern unfair behandelt sieht, droht mit hohen Sonderzöllen auf Importautos. Das würde die Branche stark belasten. "Die Vereinigten Staaten sind neben China und Europa die wichtigste Absatzregion der deutschen Automobilindustrie", erklärte Bräunig. 2018 hätten die deutschen Hersteller auf dem US-Markt 1,34 Millionen Autos verkauft und damit in etwa ihren Marktanteil bei acht Prozent gehalten.

Die USA sind laut VDA jedoch nicht nur als Absatzmarkt, sondern auch als Produktionsstandort bedeutend. Deutsche Hersteller seien dort wichtige Arbeitgeber, betonte Bräunig: "2018 waren rund 118 000 Mitarbeiter in ihren Werken direkt beschäftigt, davon mehr als 80 000 bei unseren Zulieferern." Gegenüber dem Vorjahr sei die US-Beschäftigung der deutschen Firmen um etwa 8000 Stellen gestiegen.

Durch den Ausbau des Werks Chattanooga entstünden bis zu 1000 direkte Arbeitsplätze sowie weitere Jobs bei Zulieferern in der Region, teilte Volkswagen mit. Weltweit entstehen in den nächsten Jahren acht Fabriken in Europa, Nordamerika und China, die den VW-Elektrobaukasten für den Bau von E-Autos nutzen.

Die deutschen Hersteller haben Ihre US-Produktion in den vergangenen Jahren deutlich erhöht und laut VDA 2018 rund 750 000 Pkw dort gefertigt. Über die Hälfte dieser Wagen wird exportiert und kommt der US-Außenhandelsbilanz zugute, was Trump eigentlich gefallen dürfte. Doch solche Zahlen beeindrucken ihn bislang wenig. Im Dezember war bereits eine Delegation deutscher Automanager bei Trump, um ihn von Sonderzöllen abzubringen. Zwar wurden die Spitzen von VW, Daimler und BMW nett empfangen - ob sich Trump besänftigen lässt, blieb unklar.

Die Zeit drängt: Derzeit läuft im Verfahren um mögliche Zollerhöhungen auf Autos und Zulieferteile beim US-Handelsministerium eine Frist bis zum 17. Februar. Bis dahin muss Minister Wilbur Ross eine Einschätzung vorlegen, ob der Import von Autos und Zulieferteilen die nationale Sicherheit beeinträchtigt. Danach hat Präsident Trump 90 Tage, um eine Zollentscheidung zu treffen.

Auch für den US-Markt selbst könnten zusätzliche Zölle auf importierte Autos und Zulieferteile große Schwierigkeiten mit sich bringen. Kommen weitere Einfuhrabgaben von 25 Prozent, wie derzeit vom US-Handelsministerium in Erwägung gezogen, dürfte der Absatz von Autos auf dem US-Markt stärker einbrechen als in einer Rezession, schätzt der US-Marktforscher Cox Automotive.

Die deutschen Hersteller haben sich in Detroit indes schon ziemlich rar gemacht. BMW, Mercedes, Audi und Porsche blieben dem Event in diesem Jahr fern. Das dürfte aber eher damit zu tun haben, dass die Messe in einer tiefen Krise steckt. Die NAIAS leidet seit Jahren unter einem Ausstellerschwund. Ab 2020 soll die Messe mit neuem Konzept in den Juni verschoben werden./hbr/men/tst/DP/he