HAMBURG (dpa-AFX) - Beim Nivea-Hersteller Beiersdorf stehen die Zeichen auf Neuanfang. Nach Finanzvorstand Jesper Andersen wird nun auch Vorstandschef Stefan Heidenreich die Segel streichen. Wie es derzeit bei dem Konsumgüterhersteller aussieht, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI BEIERSDORF

Dass etwas im Busch sein könnte, hatte sich bereits bei der Bilanzpressekonferenz des Dax-Konzerns Anfang März angedeutet. Konfrontiert mit der Frage, ob er denn gedenke, bei Beiersdorf weiterzumachen, antwortete Heidenreich noch ausweichend. Er werde sich mit Mehrheitsaktionär Michael Herz von der Tchibo-Dynastie im Sommer bei einer Tasse Kaffee zusammen setzen, so der Konzernchef, danach werde man weiter sehen. Inzwischen steht fest, die Ära Heidenreich endet spätestens Ende 2019. Seinen bis dahin laufenden Vertrag will er nicht verlängern. Falls zügig ein Nachfolger gefunden wird, dürfte Heidenreich sein Amt schon früher zur Verfügung stellen.

Da Beiersdorf sich über die Hintergründe des Abschieds bedeckt hält, wird wild spekuliert. Ein Dissens mit dem Großaktionär über die künftige Strategie des Unternehmens wird in Marktkreisen als wahrscheinlichste Variante angenommen. Denn die Bilanz des Managers, der seit 2012 an der Spitze des Konzerns steht, kann sich sehen lassen. Innovationen in der Hautpflege wurden beschleunigt, damit machte auch der Umsatz einen Satz nach vorn. Das Jahr 2017 schloss der Konzern mit einem Rekordumsatz von gut 7 Milliarden Euro ab. Auch der Aktienkurs verdoppelte sich in Heidenreichs Amtszeit nahezu.

Am Ende hatte Beiersdorf so viel Geld auf der hohen Kante, dass sich mancher fragte, warum dieses nicht in Übernahmen oder Gewinnausschüttungen an die Aktionäre floss. 4,2 Milliarden Euro hatte der Konzern nach eigenen Angaben zuletzt in der "Kriegskasse" und ist zudem schuldenfrei. Zwar hat sich Beiersdorf nach eigener Aussage immer wieder nach geeigneten Kandidaten umgeschaut; bei allen großen Transaktionen in der Konsumgüterindustrie der vergangenen Jahre blieb der Konzern dann aber doch an der Seitenlinie. Auch die Dividende verharrt seit Jahren bei 70 Cent je Anteilsschein.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN

Für ihre Zurückhaltung wurden die Hamburger immer wieder kritisiert. Experten verwiesen auf die Konkurrenten in der Kosmetik- und Konsumgüterindustrie, die aggressiver vorgehen, zum Teil bessere Renditen abwerfen, mehr Geld ausschütten.

"Das Geld bleibt im Unternehmen und geht nicht an die Minderheitsaktionäre. Das ist ein Problem", schrieb die Commerzbank erst kürzlich wieder in einem Kommentar. Der letzte größere Zukauf liege mehr als eine Dekade zurück. Die Bank geht davon aus, dass Heidenreich durchaus ambitioniertere Pläne gehabt habe, die der Großaktionär aber nicht mittragen wollte. Die Tchibo-Erben kontrollieren über die Vermögensverwaltung Maxingvest die Mehrheit der Beiersdorf-Anteile.

Für Analyst Andreas von Arx von der Baader Bank stellt sich zudem die Frage, ob es Uneinigkeit über die Weiterentwicklung der Marken gegeben haben könnte. Eventuell habe er das Potenzial der bisherigen Strategie für ausgereizt gehalten. Vielleicht habe der Manager auch stärker ins Premium-Segment vorstoßen wollen.

Experte Robert Waldschmidt von Liberum bemängelte die Unsicherheit, die durch die Vorstandswechsel entstanden sind. Es gebe wenig Klarheit darüber, wie es nun weitergehe, schrieb er. Auch Analystin Laura Cherdon von Independent Research sieht den Konzern nun unter Druck, zeitnah einen passenden Nachfolger an der Spitze zu finden.

DAS SAGT DAS UNTERNEHMEN

Beiersdorf weist Spekulationen über einen Dissens zwischen Management und Großaktionär zurück. Eine Sprecherin betonte das gute Verhältnis zwischen Herz und Heidenreich. Der Manager habe sich nach reiflicher Überlegung für diesen Schritt entschieden, um auch anderen Dingen wieder Priorität einräumen zu können.

Der Konzern hat nun Stefan De Loecker federführend mit der Ausarbeitung der weiteren Strategie betraut. Mit derselbigen will sich der Aufsichtsrat dann ab Herbst auf seinen Sitzungen befassen. De Loecker wurde zugleich mit Wirkung ab 1. Juli zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden ernannt. Bislang verantwortete er im Vorstand von Beiersdorf das Geschäft in den Schwellenländern.

DAS MACHT DIE AKTIE

Der Ankündigung von Heidenreichs Weggang am 21. Juni hatte die Aktie gehörig absacken lassen und eine Aufholjagd gestoppt, die Ende März begonnen hatte.

Ihren bisherigen Höchststand hatte die Aktie Anfang Dezember 2017 bei 102 Euro erreicht. Von dort ging es bergab bis auf 85,12 Euro am Tag der Bilanzvorlage am 1. März. Ein zögerlicher Ausblick und eine hinter den Erwartungen zurückgebliebene Profitabilität enttäuschten damals die Anleger. Danach ging es aber wieder bergauf.

Von dem durch die Nachricht vom Chefwechsel ausgelösten Rücksetzer hat sich das Papier inzwischen wieder etwas erholt. Zuletzt notierte der Anteilsschein bei rund 96,50 Euro Euro./she/tav/jha/