Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA wirft dem Konzern aus Basel das Verschweigen manipulierter Testdaten vor der Zulassung von Zolgensma vor - dem mit einem Preis von gut zwei Millionen Dollar pro Einmaldosis teuersten Medikament der Welt. Zwar geht die Behörde davon aus, dass die Sicherheit des Mittels zur Behandlung der meist tödlich verlaufenden Erbkrankheit Spinale Muskelatrophie (SMA) bei Kleinkindern nicht beeinträchtigt sei und es auf dem Markt bleiben werde, erklärte die FDA am Dienstag. Sie kündigte aber eine Untersuchung und die Möglichkeit zivil- und strafrechtlicher Konsequenzen an.

Der FDA zufolge informierte Novartis erst am 28. Juni über die Manipulation von Tierversuchsdaten, obwohl das Unternehmen schon im März davon erfahren habe - mehr als zwei Monate vor der Zulassung von Zolgensma. An der positiven Einschätzung der klinischen Studien am Menschen ändere sich allerdings nichts.

Novartis erklärte, der Konzern habe volles Vertrauen in die Sicherheit und Wirksamkeit der Arznei. Dass sich der Vorfall auf laufende Zulassungsanträge und Entwicklungsprogramme für Zolgensma auswirkt, erwartet der Konzern nicht. Die fraglichen Daten seien nur ein kleiner Teil der eingereichten Informationen gewesen und beschränkten sich auf ein älteres, nicht mehr verwendetes Verfahren. Zolgensma gehört zum Repertoire von Novartis, seit der Konzern 2018 das Chicagoer Unternehmen AveXis für 8,7 Milliarden Dollar kaufte.

"Sollten sich die Vorwürfe gegen Novartis erhärten, würde dem Unternehmen im wichtigen US-Markt Ungemach drohen, mit hohen Kosten und anderen Strafmaßnahmen", erklärte Michael Nawrath, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. Vontobel-Analyst Stefan Schneider zufolge zeige der Fall, wie schwer ein Kulturwandel bei dem Unternehmen zu bewirken sei. In den vergangenen Jahren haben verschiedene Schmiergeldskandale und andere Compliance-Probleme an der Reputation von Novartis gekratzt. Der seit Anfang 2018 amtierende Konzernchef Vasant Narasimhan hat ethisch korrektes Verhalten zu einer Top-Priorität erklärt.

An der Börse kamen die Neuigkeiten zunächst nicht gut an. Mit einem Kursabschlag von zeitweise bis zu drei Prozent gehörte Novartis zu den wenigen Verlierern unter den europäischen Gesundheitswerten.

In den USA stiegen nach der FDA-Erklärung die Aktien von des Konzerns Biogen, der ein konkurrierendes SMA-Mittel herstellt, um gut zwei Prozent. Die Titel des Pharmaunternehmens PTC Therapeutics, das ebenfalls eine SMA-Behandlung entwickelt, stiegen sogar um fast fünf Prozent. Auch der Schweizer Novartis-Rivale Roche arbeitet an einem Wirkstoff gegen die Krankheit.