KARLSRUHE (dpa-AFX) - Können Kreditverträge ein Hebel sein, um Kaufverträge für ungeliebte Autos rückgängig zu machen? Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe befasst sich am Dienstag mit zwei Fällen aus Nordrhein-Westfalen, in denen Kunden Kreditverträge der BMW Bank und der Ford Bank weit nach Ende der vorgesehenen Frist von 14 Tagen widerriefen. Die Kläger hatten sich dabei auf aus ihrer Sicht unzureichende Formulierungen zur Vorfälligkeits-Entschädigung und in der Widerrufsbelehrung gestützt. Sie sahen sich in der Folge auch an die Kaufverträge für ihre Autos nicht mehr gebunden. In beiden Fällen unterlagen die Autokäufer aber vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln.

Den Fällen kommt besondere Brisanz im Zusammenhang mit dem Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen zu. "Primär geht es in diesem Prozess um falsche Verbraucherinformationen in einem Autokreditvertrag der BMW-Bank", teilte Rechtsanwalt Ilja Ruvinskij mit, der eine Klägerin in den Vorinstanzen vertreten hatte. "Das Verfahren hat aber eine große Sprengkraft", ist er überzeugt. "Nach unserer Auffassung wurden Millionen Kreditnehmer unterschiedlicher Kfz-Finanzierer unzureichend über ihre Rechte belehrt." Das Gesetz biete in solchen Fällen die Möglichkeit, den Widerruf auch Jahre nach Vertragsschluss zu erklären und die Autofinanzierung rück abzuwickeln.

"Der Widerruf des Darlehens unserer Mandantschaft steht auch im Zusammenhang mit der Dieselkrise", unterstrich Ruvinskij. "Die Wertverluste, die Fahrverbote, das Autokartell, bei dem es schwerpunktmäßig um Absprachen zu Umwelttechnologien ging - es ist kein Wunder, dass Dieselfahrer nach Möglichkeiten suchen, ihre Autos loszuwerden." Der Widerruf gelte aber nicht nur für Dieselfahrer. Die Rechtsprechung sei in dieser Frage bisher gespalten.

Eine BMW-Sprecherin wies auf die Vorinstanzen hin, die bestätigt hätten, "dass die von der BMW Bank verwendete Widerrufsbelehrung sowie die erteilten Pflichtinformationen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen". Das Unternehmen begrüße es, dass der BGH nun Rechtssicherheit in dieser Frage schaffen könne.

Das Oberlandesgericht Köln hatte die Klagen in beiden Fällen mit der Begründung abgewiesen, der Widerruf sei schon aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich. Er sei verfristet, wie Juristen es nennen. Die Richter bewerteten die Widerrufsbelehrung in den Verträgen als gesetzeskonform. Ein Punkt in der Argumentation der Kläger war, dass die Verträge keinen ausdrücklichen Hinweis auf das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach Paragraf 314 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) enthielten. Das war nach OLG-Auffassung aber auch nicht nötig. (Az: XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19)./moe/DP/zb