KASSEL/FRANKFURT (dpa-AFX) - In Frankfurt wird es keine große Fahrverbotszone für Dieselfahrzeuge geben. Laut einem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshof wäre dieser Schritt zur Reduzierung des Stickstoffdioxid-Ausstoßes unverhältnismäßig. Gleichzeitig hätten sich bisher für Frankfurt vorgesehene Maßnahmen als ungeeignet erwiesen, schnell die Einhaltung der Grenzwerte zu sichern, entschieden die Kasseler Richter am Dienstag. Deshalb müssen die Stadt und das Land Hessen nun kleinräumige und streckenbezogene Fahrverbote prüfen. Ein Revision gegen das Urteil ist möglich. (Aktenzeichen: 9 A 2691/18)

Die Richter änderten damit ein Entscheidung aus erster Instanz. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte einer Klage der Deutschen Umwelthilfe Recht gegeben. Die hatte die Einführung der großen Fahrverbotszone für Dieselfahrzeuge bis zur Schadstoffklasse Euro 4 ab Februar 2019 und für die Schadstoffklasse Euro 5 ab September 2019 gefordert. Das Land Hessen legte dagegen Berufung ein.

Laut Verwaltungsgerichtshof sind Verkehrsverbote nur als letztes Mittel in Betracht zu ziehen, wenn sie "unabdingbar notwendig" sind, um den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Stickstoffdioxid im vorgegebenen Zeitrahmen zu erreichen. Es sei daher nötig, streckenbezogene und kleinräumige Fahrverbote zu prüfen. "Dabei sind auch Verlagerungseffekte, die bei streckenbezogenen Verkehrsbeschränkungen zu erwarten wären, zu ermitteln", erklärte das Gericht.

Derartige Ermittlungen fehlten in dem bisher vorgelegten Entwurf des neuen Luftreinhalteplanes für Frankfurt. Sollten die Prognosen zeigen, dass ohne Verbote der Grenzwert im Jahr 2021 eingehalten wird, müsse es keine Sperrungen geben. Auch die Auswirkungen von Bus-Nachrüstungen und angehobenen Parkgebühren auf den Schadstoffausstoß müssen das Land Hessen und die Stadt Frankfurt nachliefern. Die Richter verpflichteten das für die Luftreinhaltung zuständige Land, im kommenden Jahr den Plan zu erneuern.

Dabei hatte der Verwaltungsgerichtshof zunächst einen Vergleich beider Seiten ins Gespräch gebracht. Doch wenige Stunden nach Verhandlungsbeginn stellte die Vorsitzende Richterin fest: "Eine Grundlage für eine Einigung kann ich nicht erkennen." Der Gerichtshof werde mangels belastbarer Daten in seinem Urteil aber nur "Eckpunkte" ansprechen können.

Trotzdem fiel die Resonanz auf die Entscheidung positiv aus: "Das ist heute ein guter Tag für die saubere Luft in Frankfurt", erklärte Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch. Der Verwaltungsgerichtshof habe nochmals bestätigt, dass entsprechende Schritte ergriffen werden müssten und dass man dort, wo "weiche Maßnahmen" wie die Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs nicht ausreichten, zu Dieselfahrverboten greifen müsse.

Frankfurts Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) zeigte sich mit dem Urteil zufrieden: "Uns ging es in erster Linie darum, flächendeckende Fahrverbote zu vermeiden, das ist jetzt de facto vom Tisch." Man werde mit dem Land über das weitere Vorgehen diskutieren. "Es kann sein, das am Ende einige streckenbezogene Fahrverbote herauskommen", erklärte er./geh/DP/stw