Washington/Addis Abeba (awp/sda/dpa/afp/apa) - Wegen Sicherheitsbedenken halten immer mehr Länder Boeing-Flugzeuge vom Typ 737 MAX 8 am Boden. Am Dienstag erteilten unter anderen die Schweiz, Grossbritannien, Deutschland, Österreich, Frankreich und Australien diesem Modell ein Start- und Landeverbot.

Fast 40 Prozent der bislang weltweit eingesetzten Boeing 737 MAX heben dem Branchendienst Flightglobal zufolge vorübergehend nicht mehr ab, darunter knapp 100 Maschinen im grössten Markt China. Weltweit nutzen Fluggesellschaften über 350 Maschinen des Typs. Einige Länder und Airlines warten noch auf die Ergebnisse der Unfallermittlungen und die offiziellen Empfehlungen von Boeing.

In der Schweiz sei kein Flugzeug dieses Typs immatrikuliert, teilte das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) auf Anfrage mit. Im Schweizer Luftraum gebe es lediglich zwei oder drei Flüge pro Monat von Maschinen des Typs Boeing 737 MAX durch ausländische Gesellschaften. Trotzdem sperrt auch die Schweiz ihren Luftraum für den Flugzeugtyp, wie Urs Holderegger, Leiter Kommunikation des Bazl, zu einem Bericht von "20 Minuten" sagte.

Temporäres Grounding

Grossbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Malaysia, Singapur, Australien, die Niederlande und Irland verbannten das Modell am Dienstag zumindest temporär aus ihrem Luftraum. Auch der Oman erlaubt keine Starts und Landungen des Flugzeugtyps mehr.

Die isländische Icelandair Group nahm ihre Maschinen des Typs Boeing 737 Max 8 ausser Betrieb. Im Weiteren erklärte der Reisekonzern TUI, alle Flüge mit diesem Flugzeugtyp würden eingestellt, nachdem die britische Flugaufsicht einen Betriebsstopp verhängt hätte.

Auch die halbstaatliche Fluggesellschaft Turkish Airlines stoppte die Nutzung von Maschinen dieses Typs. Von diesem Mittwoch an blieben die zwölf Flugzeuge der Flotte bis aus Weiteres am Boden, teilte die türkische Fluggesellschaft mit.

In den für Boeing wichtigen Märkten China und Indonesien dürfen heimische Airlines die 737 MAX 8 schon seit Montag nicht mehr einsetzen. Chinas Behörde für zivile Luftfahrt stellte "Ähnlichkeiten" zwischen dem Unfall vom Sonntag und dem Absturz im Oktober fest.

Der Flugbetrieb werde erst wieder aufgenommen, wenn Boeing die nötigen Massnahmen zur Flugsicherheit bestätigt habe. Auch Südkorea und die Mongolei forderten ihre heimischen Airlines auf, die 737 MAX 8 nicht mehr einzusetzen.

Einige Unternehmen erklärten bereits selber, auf Flüge mit Maschinen des betroffenen Typs zu verzichten. "Wir kennen die Unfallursache nicht, lassen Teile unserer Flotte aber als Sicherheitsmassnahme am Boden", teilte Ethiopian Airlines mit.

Auch die südafrikanische Comair, die Cayman Airways, die brasilianische Gol Airlines und die Aeromexico lassen 737 MAX 8 vorerst nicht mehr starten. Argentiniens Vorzeige-Airline Aerolinas Argentinas setzt Flüge mit seinen fünf 737 MAX 8 ebenfalls aus. Zuvor hatten sich Piloten geweigert, mit dem Modell zu starten.

Für "flugtauglich" erklärt

Am Sonntag war in Äthiopien eine Boeing 737 MAX 8 der Fluggesellschaft Ethiopian Airlines kurz nach dem Start in Addis Abeba abgestürzt. Dabei waren alle 149 Passagiere und acht Besatzungsmitglieder ums Leben gekommen. Bereits Ende Oktober war in Indonesien ebenfalls kurz nach dem Abheben eine neue Maschine dieses Typs der Lion Air abgestürzt.

Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA forderte von Boeing, angekündigte konzeptionelle Änderungen bis April umzusetzen, erklärte den Flugzeugtyp aber für flugtauglich. Die Ermittlungen hätten erst begonnen und bislang lägen keine Informationen vor, die Schritte erforderlich machen würden, hiess es in einer Mitteilung der Behörde.

Änderungen angekündigt

Boeing sicherte zügige Änderungen an der Steuerungssoftware des betroffenen Flugzeugmodells zu. Der US-Konzern erklärte, schon vor Monaten damit begonnen zu haben, die Steuersoftware weiterzuentwickeln, "um ein jetzt schon sicheres Flugzeug noch sicherer zu machen."

Das Software-Upgrade solle in den kommendem Wochen bei allen Maschinen aufgespielt werden. Die Gesellschaft verwies bei der Ankündigung nicht auf den Absturz am Sonntag in Äthiopien.

Am Montag waren die Datenschreiber der Maschine gefunden worden. Ethiopian Airlines zufolge wurden sowohl der Stimmenrekorder, der die Kommunikation im Cockpit aufzeichnet, als auch der Flugschreiber mit den digitalen Flugdaten geborgen.