TEHERAN/WASHINGTON (dpa-AFX) - Unter dem Eindruck neuer US-Sanktionen gegen seine Wirtschaft setzt der Iran seine Partner unter Zeitdruck, das Atomabkommen schnell und vollständig umzusetzen. Die nächsten zwei Monate seien die letzte Frist für die Diplomatie. Auch ein kompletter Ausstieg aus dem Abkommen stehe auf der Agenda, warnte Vizeaußenminister Abbas Araghchi laut iranischen Medien am Donnerstag.

Araghchi gehört zu den Architekten der Wiener Atomabkommens von 2015, das dem Iran im Gegenzug für die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen eine international kontrollierte Atomwirtschaft zugestand. Damit sollte verhindert werden, dass der Iran Atomwaffen entwickelt. Die USA hatten die von den UN übernommene Vereinbarung am 8. Mai 2018 einseitig aufgekündigt und Sanktionen wieder verhängt. Dabei bedrohen die USA auch westliche Partner, die sich ihren Sanktionen nicht unterwerfen.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani hatte am Mittwoch den verbliebenen Partnern China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland eine Frist von 60 Tagen gesetzt, um insbesondere die Sanktionen im Öl- und Bankensektor aufzuheben. Bis dahin werde der Iran die im Vertag geltenden Beschränkungen der Bestände von angereichertem Uran und Schwerem Wasser nicht mehr einhalten. Sollte es keine Lösung geben, werde der Iran wieder Uran höher als 3,5 Prozent anreichern. Hoch auf 90 Prozent angereichertes Uran kann für Atombomben benutzt werden.

"Diese zweimonatige Frist wird definitiv nicht verlängert", sagte Araghchi. "Wir wollen die Umsetzung des Atomdeals, nicht ein Wort mehr, nicht ein Wort weniger. Die nächsten 60 Tage sind daher die letzte Chance für eine diplomatische Lösung." Gebe es bis dahin keine Lösung, werde der Iran die Urananreicherung wieder unbegrenzt aufnehmen und den Umbau des Schwerwasserreaktors Arak vollenden. In Arak könnte atomwaffentaugliches Plutonium anfallen.

Diese Maßnahmen müssten nach Einschätzung von Beobachtern die Internationale Atomenergiebehörde IAEA in Wien auf den Plan rufen, die über die Einhaltung des Atomabkommens wacht. Bisher hat der Iran laut IAEA sich an die Vereinbarungen und Auflagen gehalten.

Die USA verschärften am Mittwoch ihre Gangart gegen den Iran weiter. Während strategische Bomberflotten und ein Flugzeugträgerverband in den Nahen Osten verlegt wurden, verhängte Trump per Dekret neue Sanktionen gegen die Metallbranche der Islamischen Republik. "Wir setzen erfolgreich die mächtigste Kampagne des maximalen Drucks aller Zeiten ein", ließ Trump mitteilen. Auf die Frage nach einem Krieg erklärte Trumps Sprecherin Sarah Sanders: "Ich glaube nicht, dass irgendjemand nach irgendeiner Form von Krieg mit irgendjemandem trachtet."

Aus Sicht der EU bedeutet die iranische Ankündigung keinen sofortigen Verstoß gegen das Abkommen, weil Teheran noch deutlich unter den dort festgelegten Grenzwerten liege. Deutschland und Großbritannien riefen den Iran auf, das Atomabkommen ohne Abstriche einzuhalten. Auch Frankreich bekräftigte, an dem Abkommen festzuhalten. Russland führte die Entwicklung auf ein unverantwortliches Verhalten der USA zurück./dm/DP/mis