NEW YORK/LONDON (dpa-AFX) - Die Ölpreise haben am Freitag ihre rasante Talfahrt wegen der Corona-Krise ungebremst fortgesetzt. Seit mittlerweile sechs Handelstagen in Folge geht es mit den Notierungen für US-Öl und Rohöl aus der Nordsee nach unten. Auf Wochensicht steuert der Ölmarkt damit auf die stärksten Verluste seit 2011 zu.

Seit Ende der vergangenen Woche sind die Ölpreise jeweils um etwa 15 Prozent eingebrochen. Gegen Mittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 51,13 US-Dollar. Das waren 1,05 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für amerikanisches Rohöl der Sorte WTI fiel um 1,38 Dollar auf 45,71 Dollar. Zurzeit notieren die Rohölpreise jeweils auf ihren tiefsten Ständen seit der Jahreswende 2018/2019.

"Mit dem jüngsten Preisrückgang hat der Brentölpreis alle Gewinne seit Anfang 2019 wieder abgegeben", sagte Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Seiner Einschätzung nach gewinnt die in der kommenden Woche anstehende Sitzung der in der Opec zusammengefassten Förderstaaten "zusätzliche an Brisanz". In der Opec+ sind Mitglieder des Ölkartells und verbündete Förderländer wie Russland zusammengefasst.

Mit der Talfahrt der Ölpreise steigt der Druck auf die großen Ölfördernationen spürbar, ihre Produktion weiter zurückzufahren. Experten erwarten eine weitere Einschränkung der bereits gedeckelten Förderung. Zuletzt hatte ein Experten-Gremium der Opec+ eine zusätzliche Kürzung um 600 000 Barrel pro Tag empfohlen. Am Vorabend hatte Opec-Generalsekretär Mohammed Barkindo den Willen der Opec unterstrichen, den Rohölmarkt ins Gleichgewicht zu bringen.

Nach Einschätzung von Experten steht das Ölkartell vor einer wegweisenden Entscheidung. Selbst bei einer vergleichsweise starken Kürzung der Fördermenge dürfte es schwierig sein, die aktuelle Talfahrt der Preise zu stoppen, sagte Experte Howie Lee von der Oversea-Chinese Banking Corporation. Sollte die Opec um eine Million Barrel pro Tag kürzen, könnte dies die Ölpreise allenfalls "ein wenig stützen". Geringere Kürzungsmengen wären eine Enttäuschung für den Markt, sagte Howie Lee./hosmel/jkr/bgf/stk