PARIS (awp international) - Europas grösster Handelskonzern Carrefour manövriert durch schwierigeres Fahrwasser als gedacht. Der französische Konzern schraubte am Mittwochabend seine Umsatzerwartungen an das Gesamtjahr nach unten und kündigte einen zweistelligen Gewinnrückgang an. Die Börse wurde davon kalt erwischt. Die Carrefour-Aktie rauschte am Donnerstag um bis zu 15 Prozent nach unten und zog etliche andere Einzelhandelswerte mit sich. So büssten auch die Papiere der deutschen Metro trotz zuvor besser als erwartet ausgefallener Quartalszahlen an Wert ein. Auch für Ahold Delhaize ging es nach unten.

Carrefour macht unter anderem der harte Wettbewerb zu schaffen, der das Unternehmen zu Preissenkungen zwingt. Analysten sehen aber auch hausgemachte Probleme. Carrefour habe den Kontakt zum Kunden verloren, schrieb Analyst Bruno Monteyne von Bernstein Research. Auch Online halte sich der Konzern zu sehr zurück.

Die Branche steht vor grossen Herausforderungen. Der Preiskrieg der Handelsketten hat Verbraucher an dauerhaft niedrige Preise gewöhnt, zudem verlagern sich immer mehr Einkäufe ins Netz. Die Übernahme der US-Kette Whole Foods durch den Internetriesen Amazon wird diesen Wandel noch schneller vorantreiben, erwarten Experten. Carrefour hat zudem das Problem, sehr viele, sehr grosse Märkte zu haben, von denen viele abseits der Innenstädte stehen.

Wie der Konzern mitteilte, fiel der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) in den ersten sechs Monaten im Vergleich zum Vorjahr um rund 12 Prozent auf 621 Millionen Euro. Analysten hatten im Durchschnitt mit fast 675 Millionen Euro gerechnet. Im Gesamtjahr könnte der Gewinn in ähnlicher Grössenordnung zurückgehen, sagte Finanzchef Pierre-Jean Sivignon in einer Analystenkonferenz.

Neben dem Preiskampf in der Heimat belastet den Konzern auch ein schwaches Geschäft in Argentinien. Da dort die Wirtschaftserholung länger braucht als gedacht, steigen die Verluste. Unter dem Strich sank der bereinigte Nettogewinn um ein gutes Drittel auf 154 Millionen Euro.

Erst im Juli hatte der Konzern Umsatzzahlen für das zweite Quartal berichtet, die leicht positiv überrascht hatten. Mit Blick auf das gesamte erste Halbjahr stiegen die Erlöse um 6,2 Prozent auf 38,5 Milliarden Euro. Dabei profitierten Carrefour aber auch von der Eröffnung von über 350 neuer Läden sowie Zukäufen und günstigen Währungseffekten. Auf seinem Heimatmarkt Frankreich stagnierten die Erlöse.

Das Umfeld in der zweiten Jahreshälfte werde in einigen Ländern schwierig bleiben, warnte Carrefour. Der Umsatz soll im Gesamtjahr nun nur noch um 2 bis 4 Prozent zulegen. Nach dem ersten Quartal hatte der Konzern noch ein Plus von 3 bis 5 Prozent angepeilt. Um die Kosten besser im Zaum halten zu können, strich der Konzern zudem die Investitionen auf nun 2,2 bis 2,3 Milliarden Euro zusammen. Zuvor hatte Carrefour 2,4 Milliarden Euro ausgeben wollen./she/mis/jsl/stb