Muttenz (awp) - Der Spezialchemiekonzern Clariant stellt zusammen mit seinem neuen Grossaktionär aus Saudi-Arabien die Weichen für die Zukunft. Die beiden Unternehmen legen einen beachtlichen Teil ihrer Geschäftsaktivitäten zusammen, andere sollen verkauft werden. Und der neue Konzernchef wird von der Saudi Basic Industries Corporation (Sabic) gestellt, die gut 25 Prozent an Clariant besitzt. Dieser muss sich an neuen Mittelfristzielen messen lassen.

Wie Clariant am Dienstag mitteilte, sollen etwa die eigenen Geschäftsbereiche mit Additiven und hochwertige Masterbatches mit Teilen von Sabic zusammengeführt werden. Diese sollen künftig den Geschäftsbereich High Performance Materials bilden, einen Anbieter von sehr spezifischen Hochleistungsmaterialien.

Das Portfolio der Muttenzer werde daher in Zukunft über attraktive Wachstumsaussichten mit einem überdurchschnittlichen Wertpotenzial verfügen, erklärte der bald scheidende Konzernchef Hariolf Kottmann an einer Telefonkonferenz. Clariant nehme ein "Portfolio-Upgrade" vor.

Ausgleichszahlung fällig

Clariant wird dabei den Mehrheitsanteil an HPM halten, aber den kleineren Teil dazu beisteuern. Die Schweizer werden daher eine Ausgleichzahlung an Sabic leisten müssen. Diese wird in bar erfolgen und erfordert keine Kapitalerhöhung, stellte Finanzchef Patrick Jany klar.

Konkret wird Clariant seinen Geschäftsbereich Plastics & Coatings aufspalten und Geschäfte mit einem Umsatz von rund 1,1 Milliarden Franken in HPM einbringen. Von Sabic stammen Geschäfte mit einem Volumen von 1,9 Milliarden Franken. Der Abschluss der Transaktion werde voraussichtlich gegen Ende des Jahres 2019 stattfinden.

Zudem habe Clariant das Recht, den Anteil am gemeinsam mit Sabic gehaltenen Bereich HPM künftig zu erhöhen, sagte Finanzchef Jany. "Wir wissen nicht wann und um wie viel", erklärte dieser.

Wachstumssprung erwartet

Auf der anderen Seite soll das verbleibende Geschäft des Segments Plastics & Coatings-Geschäft bis 2020 veräussert werden. Der Geschäftsbereich erwirtschaftete 2017 einen Umsatz von knapp 2,7 Milliarden Franken und stand damit für 42 Prozent des Konzernerlöses.

Zum Verkauf stehen die weniger dynamischen Geschäftsteile mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Franken. Jany geht davon aus, dass die zu veräussernden Geschäftsteile in der Branche ein "starkes" Interesse wecken werden.

Von der Aufwertung des Portfolios verspricht sich Clariant einen deutlichen Wachstumssprung. Ab 2021 soll das Unternehmen auf einen Umsatz von rund 9 Milliarden Franken, eine EBITDA-Marge von etwa 20 Prozent und einen operativen Cashflow von mehr als 1,2 Milliarden Franken kommen. Zum Vergleich: 2017 erwirtschaftete Clariant einen Umsatz von 6,4 Milliarden.

Die Kombination der Geschäfte dürfte zudem bei Clariant zu Synergien von angenommen 100 Millionen Franken in den ersten drei Jahren nach Abschluss der Transaktion führen. Die Implementierungskosten werden auf 80 Millionen geschätzt.

Neuer CEO kommt von Sabic

Gleichzeitig sollen vier Sabic-Vertreter im Clariant-Verwaltungsrat Einsitz erhalten. Dazu soll das Aufsichtsgremium von Clariant auf 12 Mitglieder erweitert werden. Als neuer Präsident des Verwaltungsrates wird der heutige CEO Hariolf Kottmann vorgeschlagen. Er wird damit der Nachfolger von Rudolf Wehrli.

Der neue CEO kommt von Sabic: Ab dem 16. Oktober 2018 soll Ernesto Occhiello diese Position bekleiden. Er ist heute der Leiter des Specialties-Geschäfts von Sabic.

Ferner wurde mit dem Grossaktionär eine Governance-Vereinbarung zur Festlegung der langfristigen strategischen Beziehung unterzeichnet. Diese bestätigt die Stellung von Sabic als strategischer Ankeraktionär und definiert die Unabhängigkeit von Clariant als börsenkotiertes Unternehmen unter Schweizer Corporate Governance.

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