MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die Abkühlung der Konjunktur bringt den von Niedrigzinsen gebeutelten Sparkassen ein zusätzliches Problem: Die kommunalen Geldinstitute müssen voraussichtlich mehr Geld für die Risikovorsorge beiseitelegen. "Wir gehen davon aus, dass die Kreditnachfrage relativ stabil bleibt", sagte Bayerns Sparkassenpräsident Ulrich Netzer der Deutschen Presse-Agentur. "Was uns aber Sorgen macht, ist einmal, dass die Margen immer geringer werden. Und das Zweite ist, dass mit der Konjunkturabschwächung voraussichtlich die notleidenden Kredite zunehmen."

In den letzten Jahren konnten die Sparkassen nach Netzers Angaben eher Wertberichtigungen wieder auflösen. "In den kommenden Jahren erwarten wir zusätzlich zu den eingekürzten operativen Ergebnissen Abschreibungen aus Krediten", sagte Netzer. "Die Frage wird sein: Wie schwerwiegend wird das?" Er sehe in Bayern noch keine Sparkasse mit roten Zahlen. "Aber die nachlassende Konjunktur ist eine weitere Zutat für einen bitteren Cocktail. Dies alles verengt unsere Spielräume, um ausreichende Erträge zu erwirtschaften."

Netzer kritisierte die Europäische Zentralbank (EZB): "Die Währungshüter wollten eigentlich die Wirtschaft stimulieren und die Kreditnachfrage erhöhen", sagte der Verbandschef. "Doch ein Unternehmen nimmt kein Geld auf, nur weil es billige Kredite gibt. Ein Unternehmen kauft dann eine neue Maschine oder baut ein neues Betriebsgebäude, wenn es dadurch Geld verdienen kann." Die Sparkassen könnten durch die expansive Geldpolitik nicht mehr Kredite am Markt unterbringen - "und müssen das überschüssige Geld zu negativen Zinsen anlegen."

Die EZB hatte im September die Negativzinsen für Bankeinlagen von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent erhöht. Die Sparkassen befinden sich damit nach Netzers Worten in der gleichen unerfreulichen Lage wie ihre Kunden: "Und damit geht's uns wie dem Sparer, da sind wir im gleichen Boot", sagte Netzer. "Das ist unser Grundproblem."

Mehrere große Sparkassen verlangen von Firmen und wohlhabenden Kunden inzwischen Negativzinsen. "Das Thema sind die Termingelder und die Girokonten", sagte Netzer dazu. "Es gibt etliche Girokonten - im Geschäftsbereich sowieso, aber auch bei Privatkunden - auf denen mehrere hunderttausend Euro liegen." Die Kunden hätten dasselbe Problem wie die Sparkassen. "Weil sie keine Anlage mit vernünftiger Rendite zu aus ihrer Sicht vertretbarem Risiko finden - lassen sie es auf dem Girokonto."

Die Sparkassen hätten in den vergangenen Jahren massiv gegengesteuert, um die negativen Auswirkungen der EZB-Geldpolitik aufzufangen. "Das ist besser gelaufen, als wir alle erwartet haben." Die Kunden müssten auf die Qualität der Leistung ihrer Sparkasse vertrauen können. "Die Sparkasse muss ihren Aufwand immer weiter reduzieren, gleichzeitig hat sie neue Herausforderungen durch die Digitalisierung, und sie muss das Kundengeschäft erweitern", sagte Netzer. "Vertrauen bewahren, Aufwand reduzieren, Kundengeschäft erweitern - wenn eine Sparkasse dieses magische Dreieck beherrsche, dann sei sie erfolgreich. "Bisher haben die Sparkassen das gut in den Griff bekommen, aber es wird immer schwieriger", sagte Netzer. "Das Grundvertrauen darf nicht kaputt gehen, und da sind wir als Sparkassen schon noch recht gut. Das Schlüsselthema ist, dies auch künftig zu schaffen."/cho/DP/mis