FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Banken am Finanzplatz Frankfurt sehen sich auch für den Fall eines chaotischen Brexits angemessen vorbereitet. Zwar ist die Hoffnung groß, dass nach der Ablehnung des Austrittsabkommens mit der EU durch das britische Parlament noch eine einvernehmliche Lösung gefunden wird. "Es zeigt sich aber auch, dass die Unternehmen gut daran getan haben, sich auf den schlimmsten Fall, den harten Brexit vorzubereiten, denn mit der Entscheidung bleibt er das wahrscheinlichste Szenario", erklärte der Geschäftsführer der Finanzplatzinitiative "Frankfurt Main Finance", Hubertus Väth, in einer Stellungnahme nach der Abstimmung vom Dienstagabend.

Banken brauchen für Dienstleistungen wie Einlagen- und Kreditgeschäft in der Europäischen Union rechtlich selbstständige Tochtergesellschaften in einem EU-Staat. Der nach bisheriger Planung für Ende März vorgesehene Brexit zwingt Finanzinstitute, die bislang in London angesiedelt sind, zumindest teilweise zur Neuaufstellung.

Nach jüngsten Angaben der deutschen Finanzaufsicht Bafin sind inzwischen mehr als 45 Finanzinstitute dabei, sich in Deutschland ein Standbein zu schaffen oder ihre Präsenz auszubauen. Zumeist geschieht das in Frankfurt als Deutschlands wichtigstem Finanzplatz.

Der Verband der Auslandsbanken in Deutschland sieht seine betroffenen Mitgliedsinstitute bereits gut aufgestellt. "Wir fragen uns aber, ob wir nicht noch weitere Maßnahmen ergreifen müssen, um die Finanzstabilität in Europa zu gewährleisten", ließ Verbandschef Stefan Winter mitteilen. Der Verband befürchtet einen "regulatorischen Flickenteppich", wenn die jeweiligen nationalen Behörden Maßnahmen treffen, um bestimmte Bankgeschäfte auch nach dem Brexit zu ermöglichen. "Wir müssen so langsam über unseren Schatten springen und pragmatische Übergangslösungen für die EU27 finden, um Marktverwerfungen zu vermeiden", betonte UBS-Manager Winter.

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing rechnet damit, "dass man den Ausstieg um mindestens drei Monate verschieben wird", wie er beim Neujahrsempfang seines Instituts am Dienstagabend in Berlin sagte. "Denn auch die übrige EU würde bei einem harten Brexit einen halben Prozentpunkt ihrer Wirtschaftsleistung verlieren - zu groß wären die Verwerfungen für den Handel, die Finanzierungsbedingungen und das Vertrauen der Investoren." Deutschlands größtes Geldhaus teilte zugleich mit: "Wir sind ... auf alle Eventualitäten vorbereitet. Wir haben 2016 mit der Planung für den Brexit begonnen und in unseren Plänen stets das Risiko berücksichtigt, dass keine Vereinbarung mit der EU zustande kommt."

Der Autobauer Opel zeigte sich enttäuscht, dass ein ungeregelter Austritt Großbritanniens ein Stück wahrscheinlicher geworden sei. "Wir sind an einem funktionierenden Freihandel interessiert", sagte ein Sprecher in Rüsselsheim. Konkrete Details zu Vorbereitungen in den beiden britischen Werken der Opel-Schwestermarke Vauxhall wollte er nicht nennen. Der Autohersteller bereite sich weiterhin auf verschiedene Szenarien vor./ben/ceb/DP/mis