(neu: Schlusskurse und Kommentar der DZ Bank)

FRANKFURT (dpa-AFX) - In die Übernahmefantasie für die Commerzbank ist neuer Zug gekommen: Nach einem Bericht der "Financial Times" über ein Interesse der Unicredit an dem MDax-Konzern war die Aktie am Donnerstag mit einem Kursplus von 2,80 Prozent auf 7,405 Euro Favorit im Mittelwerte-Index.

In der Spitze war das Commerzbank-Papier am Morgen auf 7,48 Euro geklettert, womit es sich dem Niveau annäherte, auf das es vor rund zwei Wochen nach der offiziellen Bekanntgabe von Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank gestiegen war. Da hatte es für einen Sprung auf 7,70 Euro und damit den höchsten Stand seit Dezember gereicht. In den laufenden Fusionsverhandlungen sehen die meisten Börsianer die Aktie der Commerzbank als größten Profiteur einer möglichen Einigung.

Auch die Aktie der Deutschen Bank hatte vor zwei Wochen zunächst positiv auf die Bekanntgabe der Gespräche reagiert, war dann aber ebenso wie das Commerzbank-Papier zurückgefallen. An diesem Donnerstag sank es letztlich um 0,8 Prozent. Sollte es tatsächlich zu einem Zusammenschluss kommen, rechnen Experten mit einem großen Kapitalbedarf der Deutschen Bank. Allerdings ist die Fusion alles andere als sicher. Unter anderem von Seiten der Gewerkschaften und Mitarbeiter, die einen massiven Stellenabbau befürchten, gibt es Kritik. Einige Experten erwarten ein Scheitern der Gespräche, als deren Treiber vor allem die deutsche Regierung gilt.

In diesem Fall stünde Unicredit laut der "FT" bereit. Die italienische Bank wolle die Commerzbank mit der bereits 2005 übernommenen Hypovereinsbank verschmelzen. Genaueres könnte bald feststehen. Berichten der "Süddeutschen Zeitung" und der "Wirtschaftswoche" zufolge drückt vor allem die Commerzbank bei einer Entscheidung über den Fortgang der Gespräche aufs Tempo. Eine Vorentscheidung könnte daher schon am Wochenende oder Anfang kommender Woche fallen.

Sollten sich beide Parteien nicht einigen können, dürfte dies kurzfristig auf den Aktien von Commerzbank und Deutscher Bank lasten, ist sich Analyst Daniele Brupbacher von der schweizerischen Bank UBS sicher. Für die Deutsche Bank, so vermutet der Experte, gebe es angesichts der aktuell schwierigen Situation im Tagesgeschäft jedoch nur wenig andere Optionen. Von einem Deal würde zwar am meisten der kleinere Partner Commerzbank profitieren, wie er in einer am Donnerstag vorliegenden Studie schrieb. Doch auch das Investmentbanking der Deutschen Bank hätte viel davon, könnte es doch unter anderem seine Kosten senken.

Egal wer von beiden, Deutsche Bank oder Unicredit, mit der Commerzbank zusammengeht: Grundsätzlich bestünden ähnliche Chancen und Risiken, schrieb DZ-Bank-Analyst Christian Koch. Allerdings hält er einen Zusammenschluss mit den Italienern für unwahrscheinlich und erwartet, dass "die deutsche Politik zudem beim Zustandekommen einer Transaktion eine entscheidende Rolle spielen dürfte".

Das erwartet auch UBS-Experte Brupbacher: Weil die deutsche Wirtschaft enorm am Tropf der Banken hänge, sorge man sich in Berlin angesichts der aktuellen Konjunkturabschwächung besonders um einen womöglich schwachen Bankensektor, schrieb er. Die Führungspersonen der beiden Banken haben unterdessen beide bereits Vorbehalte gegen den Deal geäußert.

Aus Sicht der Marktbewertung wäre eine Commerzbank-Übernahme für die Unicredit leichter zu stemmen als für die Deutsche Bank. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 27 Milliarden Euro bringt Unicredit rund elf Milliarden Euro mehr auf die Waage als die Deutsche Bank.

Die Commerzbank ist an der Börse derzeit rund neun Milliarden Euro wert. Alle drei Häuser gehören indes zu den größten Verlierern seit der Finanzkrise. So sind die Papiere der Deutschen Bank im Vergleich zu ihrem Rekord 2007 um die 100 Euro inzwischen nur noch weniger als ein Zehntel wert. Bei der inzwischen teilverstaatlichten Commerzbank blieb nach der selben Zeit ein noch geringerer Bruchteil übrig./tav/mis/fba/ck/he