Andreas Thomae von der zur Sparkassengruppe gehörenden Fondsgesellschaft Deka sprach von einem "Horrorfilm mit Überlänge". Auch Alexandra Annecke von Union Investment, dem Fondshaus der Volks- und Raiffeisenbanken, machte wie viele andere Anteilseigner ihrem Ärger Luft: "Es ist traurig und schockierend, was aus der Deutschen Bank geworden ist. Das einstige Vorzeigeinstitut ist nur noch ein Koloss auf tönernen Füßen."

Die im Dax notierte Aktie musste am Donnerstag einen neuen Tiefschlag verkraften. Während der seit einem Jahr amtierende Vorstandschef Christian Sewing und der schon länger in der Kritik stehende Aufsichtsratschef Paul Achleitner bei den Anteilseignern um Vertrauen warben, fiel das Papier wie ein Stein um bis zu vier Prozent auf ein Rekordtief von 6,35 Euro. Die gesamte Deutsche Bank ist an der Börse inzwischen weniger als 14 Milliarden Euro wert. Achleitner und Sewing erteilten die Aktionäre dennoch die Entlastung, auch ein Antrag auf Abberufung Achleitners scheiterte.

"HARTE EINSCHNITTE" - ABER WO GENAU?

Die Bank, die im kommenden März 150 Jahre alt wird, kommt auch unter Sewing nicht aus der Krise. Auf seiner zweiten Hauptversammlung als Konzernlenker kündigte der 49-Jährige abermals einen Umbau der darbenden Investmentbank an. "Wir sind zu harten Einschnitten bereit", rief er den enttäuschten Aktionären zu, rund 4000 hatten sich auf den Weg in die Festhalle gemacht. "Wir werden die Transformation beschleunigen - indem wir unsere Bank konsequent auf die profitablen und wachsenden Bereiche ausrichten, die für unsere Kunden relevant sind. Dafür stehe ich. Darauf können Sie sich verlassen." Konkret wurde Sewing allerdings nicht.

Die Investmentbank des Konzerns war vor der Finanzkrise eine Gewinnmaschine, hat sich in den vergangenen Jahren aber zum Sorgenkind entwickelt. Vor allem in den USA, wo frühere Deutsche-Bank-Chefs mit den großen Wall-Street-Häusern auf Augenhöhe konkurrieren wollten, ist das Institut inzwischen abgeschlagen. Sewing hat vergangenes Jahr im Aktienhandel oder bei Dienstleistungen für Hedgefonds den Rotstift angesetzt. Vielen wichtigen Aktionären reicht das aber nicht, weil die Erträge weiter erodieren, ohne dass ein Ende des Abwärtstrends in Sicht wäre. Zu Jahresbeginn schrieb das Kapitalmarktgeschäft sogar einen Verlust, obwohl das Auftaktquartal normalerweise das stärkste ist.

ACHLEITNER WILL BLEIBEN - ZUM WOHL DER BANK

Besonders viel Kritik musste - wie schon in den Vorjahren - Achleitner einstecken. Seit der Österreicher vor sieben Jahren als Chefkontrolleur antrat, ist der Aktienkurs um mehr als 70 Prozent in die Knie gegangen. Einen Rückzug oder Rücktritt schloss der 62-Jährige trotzdem aus: Er habe nicht vor, Investoren und Kunden des Instituts im Stich zu lassen, sagte er. "An einem Denkmal liegt mir nichts, am Wohl der Deutschen Bank aber schon." Dafür bekam er von den Aktionären keinen Applaus, Buh-Rufe blieben allerdings auch aus. Selbstkritisch räumte er ein: "Natürlich habe ich Fehler gemacht in den letzten sieben Jahren." An den globalen Ambitionen der Investmentbank will der frühere Deutschland-Chef der US-Bank Goldman Sachs festhalten. Auch er gab sich optimistisch: "Trotz aller Schwierigkeiten - ich sehe, dass wir auf dem richtigen Weg sind."

Sewing setzt auf stabile Geschäfte wie die Transaktionsbank, die Zahlungsverkehrslösungen anbietet, und die Fondstochter DWS. "Es muss unser Ziel sein, hier einen der zehn größten Vermögensverwalter der Welt zu formen", erklärte er. Dies sei erreichbar, "wenn wir organisch weiter wachsen und gleichzeitig offen sind für andere strategische Optionen, wenn sie sich uns bieten." Die DWS verhandelt derzeit mit der Schweizer Großbank UBS über eine mögliche Zusammenlegung mit deren Fondsparte. Allerdings stocken die Gespräche Insidern zufolge. Auch andere große Vermögensverwalter wie Amundi aus Frankreich sind laut Finanzkreisen an der DWS interessiert.

"EIGENER PLAN IST DER BESSERE"

Achleitner und Sewing verteidigten die Absage an eine Fusion mit der Commerzbank. Es sei zwar richtig gewesen, ein Zusammengehen mit der Nummer zwei unter den heimischen Privatbanken intensiv zu prüfen. Genauso richtig und konsequent sei es aber dann Ende April gewesen, sich für den Alleingang zu entscheiden. "Nach gründlicher Analyse war für uns klar: Unser eigener Plan ist der bessere", sagte Sewing. Nach seinen Worten wurden externe Berater mit zwei Millionen Euro entlohnt, 160 Mitarbeiter arbeiteten über Wochen an dem Projekt.

Achleitner wurde im Anschluss an die Generaldebatte von den Aktionären entlastet. Der 62-Jährige erhielt 71,63 Prozent der abgegebenen Stimmen, wie Achleitner selbst als Leiter der Hauptversammlung bekanntgab. Zuvor hatte es Zweifel gegeben, ob der Österreicher entlastet wird. Vorstandschef Sewing wurde mit 75,23 Prozent entlastet. Eine Nicht-Entlastung hätte zwar keine rechtlichen Folgen gehabt, wäre jedoch eine schwere Schlappe gewesen. Auch ein Antrag auf Ablösung Achleitners scheiterte, ihm schlossen sich nur 9,75 Prozent an.