"Wir beobachten eine zunehmende Verlagerung von Exportvolumina aus Deutschland in die Nähe der Märkte der Kunden", sagte Finanzvorstand Wolfgang Schäfer der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Die Autobauer sähen sich wegen der Zolldiskussionen immer mehr dazu gezwungen, ihre Standortstrategie zu überprüfen. "In der Folge würde das auch für uns gelten." Der Zollstreit lähmt die gesamte Autobranche und zwingt Hersteller wie Lieferanten dazu, ihren Sparkurs zu verschärfen. Die Prognose hatte Conti nach einem Gewinneinbruch bereits im Juli gekippt.

Nach dem weltgrößten Zulieferer Bosch kündigte auch der Dax-Konzern aus Hannover nun Einschnitte an, um auf den Abschwung und die Zerreißprobe der Branche durch den beschleunigten Umstieg in die Elektromobilität zu reagieren. Der Vorstand habe dem Aufsichtsrat seine Strategie erläutert, um die Finanzkraft dauerhaft zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, teilte Conti mit. Der daraus entstehende Handlungsbedarf solle mit den Arbeitnehmervertretern besprochen werden. Ziel sei, sich in den kommenden Wochen auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen. Bosch-Chef Volkmar Denner hatte einen deutlichen Job-Abbau angekündigt, von dem vor allem Diesel-Standorte betroffen sein sollen. "Wir tun aber alles, um das sozialverträglich umzusetzen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagausgabe).

KRISE MITTEN IM UMBAU

Die Krise trifft die Branche mitten in einer Zeit, in der Unternehmen hohe Investitionen für umweltfreundlichere Antriebe und neue Trends wie selbstfahrende Autos und die Digitalisierung stemmen müssen. Der Wandel wird noch dadurch forciert, dass die Autobauer ab 2020 schärfere Klimavorgaben erfüllen müssen. Vor allem Volkswagen treibt den Umbau voran und setzt damit die Branche unter Zugzwang. Als Konsequenz aus der sinkenden Nachfrage nach Verbrennungsmotoren kündigte Conti einen Umbau seiner Antriebssparte mit einer stärkeren Konzentration auf die E-Mobilität an. Das Geschäft mit Einspritzsystemen und Hydraulik-Pumpen für Diesel- und Benzin-Motoren solle nicht mehr ausgebaut werden. Zudem würden die Aktivitäten bei Komponenten für die Abgasnachbehandlung und Kraftstoffförderung überprüft. An den Plänen für einen Teilbörsengang der Antriebssparte im nächsten Jahr hält das Management fest, macht dies aber weiter vom Umfeld am Kapitalmarkt abhängig.

KEINE FERTIGUNG VON BATTERIEZELLEN

Überraschend entschied der Konzern zudem, nicht in die Fertigung von Batteriezellen der nächsten Generation zu investieren. "Mit der voraussichtlich erst nach 2030 verfügbaren Festkörpertechnologie lässt sich von Continental kein attraktives Geschäftsmodell mehr aufbauen", erklärte Degenhart. Er verband dies mit Kritik an der Politik, die mit ihren verschärften Vorgaben zur CO2-Senkung einen raschen Ausbau der Elektromobilität mithilfe der herkömmlichen Lithium-Ionen Technologie erzwinge. Damit würden die Marktanteile in der Zellfertigung für die Automobilindustrie deutlich früher und auf Basis der bestehenden Technologie vergeben. Conti hatte sich bis zuletzt einen Einstieg in eine Zellfertigung offengehalten und dies von der technologischen Entwicklung abhängig gemacht.

Zu der Entscheidung dagegen trug offenbar auch bei, dass das Geschäft derzeit keine großen Sprünge erlaubt. Im zweiten Quartal brach der bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) um ein Viertel auf 868 Millionen Euro ein. Die Rendite sank auf 7,8 von 10,2 Prozent vor Jahresfrist. Mit der schon im Juli bekanntgegebenen Korrektur der Jahresziele reiht sich Continental in die Serie von Zulieferern und Autobauern ein, die ihre Prognosen kassiert haben. "Für das zweite Halbjahr erwarten wir kein Nachlassen des Gegenwinds", sagte Schäfer.