Zürich (awp) - Die Credit Suisse hat sich im zweiten Quartal im schwierigen Marktumfeld überraschend widerstandsfähig gezeigt. Die vollzogene Restrukturierung scheint langsam ihre Wirkung zu entfalten. Die Investoren zeigen sich am Mittwoch jedenfalls optimistisch.

Der Markt wurde überrascht von mehr oder weniger stabilen Erträgen und einem deutlich höheren Gewinn im zweiten Quartal. Die Erträge erreichten 5,58 Milliarden Franken. Bei einem etwas tieferen Geschäftsaufwand ergab sich ein Verhältnis aus Kosten und Erträgen von rund 76 Prozent. Das heisst, die Bank gibt für jeden eingenommenen Franken 76 Rappen aus.

Unter dem Strich verdiente die Bank viel mehr und übertraf damit selbst die optimistischste Schätzung der Analysten deutlich. Der Reingewinn stieg um 45 Prozent auf 937 Millionen Franken.

Strategie geht auf

In einem weiterhin schwierigen Ertragsumfeld mit zurückhaltenden Kunden hat die Bank operativ gut gearbeitet: "Wir haben dank der disziplinierten Umsetzung unserer Strategie auch im zweiten Quartal 2019 eine starke operative Leistung erzielt", sagte Konzernchef Tidjane Thiam.

Seit der Lancierung der Restrukturierung im Oktober 2015 sei zudem zum ersten Mal eine Rendite auf dem materiellen Eigenkapital von 10 Prozent erzielt worden, was dem für 2019 angepeilten Mindestwert entspricht.

Die dreijährige Neuausrichtung war Ende 2018 offiziell für abgeschlossen erklärt worden. Ziel war es, die Risiken zu reduzieren, die Kosten zu senken und die Kapitalbasis zu stärken. Dabei wurde mehr Gewicht auf die Vermögensverwaltung gelegt und das Investment Banking deutlich verkleinert, um sich unabhängiger vom Marktumfeld zu machen.

Im zweiten Quartal habe man nun klar zum Ausdruck gebracht, dass die Bank ein führender Vermögensverwalter mit ausgeprägten Kompetenzen im Investment Banking sein wolle, kommentierte Thiam am Mittwoch. Denn in beiden Bereichen seien Fortschritte erzielt worden.

Global Markets überrascht

Tatsächlich zog der Neugeldzufluss in International Wealth Management nach dem schwächeren Vorquartal wieder an, und der Vorsteuergewinn stieg in der Division auf 444 Millionen. Der Vermögensverwaltung der Credit Suisse flossen in der Periode von April bis Juni Nettoneugelder in Höhe von 9,5 Milliarden Franken zu. Damit stiegen die verwalteten Vermögen der gesamten Gruppe per Ende Juni auf 1'460 Milliarden. Hauptkonkurrent UBS war hingegen im zweiten Quartal in der wichtigen Vermögensverwaltung hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Auch die in der Vergangenheit immer wieder mit Sorge kommentierte Handelseinheit "Global Markets" scheint sich weiter zu fangen. Im ersten Quartal stieg der Vorsteuergewinn auf 357 Millionen nach 204 Millionen im Vorjahr. Der Ertrag aus dem Anleihenverkauf und -handel stieg in US-Dollar um 11 Prozent und der Ertrag aus dem Aktienverkauf um 3 Prozent. Damit konnte sich die Credit Suisse klar dem negativen Trend etwa bei den grossen US-Banken im Investment Banking entziehen und die Markterwartungen deutlich übertreffen.

Nach dem schwierigen ersten Quartal sei das Ertragsumfeld in der zweiten Hälfte des zweiten Quartals günstiger gewesen, hiess es am Mittwoch von der Credit Suisse. Hoffnungen auf ein Handelsabkommen zwischen den USA und China sowie eine gemässigte Haltung der Zentralbanken hätten zu einer Aufhellung der Anlegerstimmung beigetragen.

Aber weiter stark vom Markt abhängig

Zudem bleibt das Geschäft am Heimmarkt von grosser Bedeutung für die Credit Suisse. Die Swiss Universal Bank lieferte mit einem Vorsteuerergebnis von 654 Millionen (+18 Prozent) den grössten Beitrag.

Der Blick in die Zukunft bleibt jedoch vorsichtig. Die Bank bleibt stark abhängig vom Marktumfeld und der Anlegerstimmung sowie saisonalen Schwankungen. Geopolitische Spannungen und Konjunktursorgen dürften die Investoren auf jeden Fall weiterhin verunsichern.

An der Börse legt die Aktie am Mittwoch zeitweise kräftig zu und schlossen 2,4 Prozent im Plus. Die Credit Suisse habe sowohl mit den Zahlen als auch mit der Ergebnisqualität überzeugt, heisst es am Markt. Im Jahresverlauf bleiben die Titel aber hinter dem Gesamtmarkt gemessen am SMI zurück (+13 Prozent versus +17 Prozent).

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