Ralph Hamers, Vorstandschef des niederländischen Geldhauses ING, werde Sergio Ermotti Anfang November an der UBS-Spitze ablösen, teilte die UBS in der Nacht auf Donnerstag mit. Mit dem 53-jährigen Niederländer holen die Schweizer einen Experten für Online-Banking an Bord. Stark ist die ING auch im Privat- und Firmenkundengeschäft, die Vermögensverwaltung für reiche Kunden spielt kaum eine Rolle - anders als bei der UBS.

Hamers soll bereits Anfang September zur der Schweizer Bank stoßen. Seine Ernennung beendet Spekulationen, dass der Star-Vermögensverwalter Iqbal Khan, der im vergangenen Jahr vom Erzrivalen Credit Suisse zur UBS wechselte, Ermotti an der Konzernspitze ablösen könnte. "Vor dem Hintergrund des tiefgreifenden Wandels der gesamten Branche ist Ralph Hamers die richtige Wahl, um UBS durch ihre anhaltende Transformation zu führen", erklärte Verwaltungsratspräsident Axel Weber. Er sei ein erfahrener, respektierter Branchenkenner mit einer ausgewiesenen Expertise in der digitalen Transformation.

Bei den Anlegern kam der Chefwechsel gut an: Mit Kurszuwächsen von jeweils zwei Prozent setzten sich UBS und ING an die Spitze der europäischen Bankwerte. Die Schweizer sind an der Börse rund 47 Milliarden Euro wert, ING bringt es auf 39 Milliarden.

ING AUF DIGITALISIERUNG GETRIMMT

Hamers stand seit 2013 an der Spitze der ING, für die er seit 1991 tätig war. Während seiner Zeit als Konzernlenker hat er den Ausbau der digitalen Kanäle vorangetrieben, die IT modernisiert und die Kundenzahlen gesteigert. ING-Verwaltungsratschef Hans Wijers lobte Hamers, der die Bank vorbildlich für die Zukunft vorbereitet habe. "Wir bedauern den Weggang von Ralph, möchten ihm aber für seine Beiträge für ING danken und wünschen ihm alles Gute für seine neue Aufgabe", erklärte Wijers. In Hamers Amtszeit fällt allerdings auch die größte Geldwäschestrafe in der niederländischen Geschichte: 2018 musste die ING wegen mangelnder Kontrolle von Kundenkonten 775 Millionen Euro zahlen. Mit einem Gehalt von 1,75 Millionen Euro für 2018 erhielt Hamers weniger Geld als die meisten Chefs europäischer Großbanken. Das dürfte sich bei der UBS ändern: Ermotti bekam 2018 umgerechnet 13 Millionen Euro.

Ermotti steht seit 2011 an der Spitze der UBS und hat sich insbesondere um den Wiederaufbau der Bank nach der Finanzkrise mit Schwerpunkt auf der Vermögensverwaltung verdient gemacht. Allerdings bremsten vergangenes Jahr das niedrige Zinsumfeld und der Preisdruck die UBS: Der weltweit größte Verwalter von Privatvermögen verpasste seine erst vor gut einem Jahr ausgegebenen Renditeziele und zeigte sich für die kommenden zwei Jahre pessimistischer.

Zwei mit der Angelegenheit vertrauten Personen zufolge beschloss die UBS, außerhalb der Bank einen Nachfolger für Ermotti zu suchen, nachdem Investmentbankchef Andrea Orcel das Geldhaus 2018 verlassen und die Zahl interne Kandidaten mit genügend Erfahrung geschrumpft sei.

Vor zwei Wochen hatte das zweitgrößte Schweizer Geldhaus Credit Suisse Thomas Gottstein zum Konzernchef ernannt, nachdem sein Vorgänger Tidjane Thiam wegen der Affäre um die Beschattung von ehemaligen Top-Managern seinen Hut nehmen musste. Bei ING ist Hamers der zweite hochrangige Abgang binnen eines Jahres, nachdem Vorstandsmitglied Roeland Berkhout im Juli zur Commerzbank gewechselt war. Unter Hamers liebäugelte ING im Frühjahr 2019 vorübergehend mit einer Übernahme der Commerzbank.