Frankfurt (awp/awp/sda/reu) - Die Aktienmärkte stehen in der neuen Woche Experten zufolge ganz im Zeichen der Notenbankpolitik. "Mit der Fed, der Bank von England (BoE) und der Bank von Japan (BoJ) halten gleich drei der wichtigsten Notenbanken Treffen ab", sagt Robert Greil, Chef-Anlagestratege des Bankhauses Merck Finck. "Im Fokus steht dabei ganz klar die Fed und die Frage, wie sehr sie sich Leitzinssenkungen öffnet."

Investoren spekulieren seit Längerem über einen solchen Schritt der US-Notenbank. Für die Sitzung am Mittwoch rechnen sie zwar nicht damit. Die Wahrscheinlichkeit bei der Juli-Sitzung taxieren sie aber auf rund 90 Prozent. Allerdings könnte die wiederholte Forderung von US-Präsident Donald Trump nach niedrigeren Zinsen eine Absenkung des Schlüsselsatzes auf absehbare Zeit verhindern, gibt Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG zu Bedenken. "Damit könnte der Verdacht einer Beeinflussung seitens der US-Regierung vermieden werden."

Einen Tag nach ihren US-Kollegen berät die Führung der Bank von England (BoE) über ihre Geldpolitik. Zwar sei das überraschend hohe Lohnwachstum in Grossbritannien Wasser auf die Mühlen der Befürworter einer baldigen Zinserhöhung, schreiben die Analysten der BayernLB. Vor einer endgültigen Entscheidung über die Art des Brexit würden die Notenbanker aber sicher die Füsse stillhalten. "Die Mehrheit möchte durchaus die Sicherheit haben, dass ein 'No-Deal'-Szenario umschifft werden kann."

Die BoJ wird am Donnerstag ihren Leitzins wohl auch nicht antasten. Ungeachtet der Zinssenkungsfantasien kam der Dax in der alten Woche kaum vom Fleck. Der ungelöste Zollstreit zwischen den USA und China sowie die Furcht vor wachsenden Spannungen im Nahen Osten machten anfängliche Gewinne zunichte.

Spannungen im Nahen Osten

Letztere wurde geschürt von Angriffen auf zwei Öltanker im Golf von Oman. Da die USA den Iran beschuldigten, hinter den Vorfällen zu stecken, wachse die Gefahr einer ungewollten Eskalation der Lage, warnt Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Der Ölpreis reagierte bereits mit Preisaufschlägen auf die Krise. Solche von politischen Ereignissen getriebenen Kursausschläge seien aber meist nur von kurzer Dauer, sagt Norbert Rücker, Chef-Analyst der Bank Julius Bär.

Bei der Frage einer baldigen Lösung für den Zollstreit sind Experten weiter uneins. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, erwartet vom geplanten Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem chinesischen Kollegen Xi Jingping Ende Juni keine Einigung. Weberbank-Analyst Jens Herdack äussert sich dagegen optimistisch. Schliesslich wolle Trump wiedergewählt werden und eine US-Rezession würde seine Chancen schmälern.

Konjunkturdaten im Blick

Aus den USA erwarten Investoren in der neuen Woche nur wenige Konjunkturdaten. Zu ihnen gehört das Konjunkturbarometer der Federal Reserve Bank von Philadelphia (Donnerstag). In Deutschland wird am Dienstag der ZEW-Index veröffentlicht, der die Laune der deutschen Börsenprofis widerspiegelt.

"Wir erwarten einen kräftigen Schritt nach unten", prognostiziert DZ Bank-Analyst Michael Holstein. "Denn in den letzten Wochen hat sich das weltwirtschaftliche Klima deutlich abgekühlt." Am Freitag folgen die Stimmungsbarometer der deutschen und europäischen Einkaufsmanager. Diese würden voraussichtlich signalisieren, dass die Industrie in der Rezession verharre, während der Dienstleistungssektor weiter wachse, sagt Commerzbank-Analyst Christoph Weil.

Unabhängig davon laufen am Freitag Futures und Optionen auf Dax & Co. sowie Optionen auf einzelne Aktien aus. Zum sogenannten Hexensabbat schwanken die Aktienkurse üblicherweise stark, weil Investoren die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung bewegen wollen.