Bei einer vierstündigen Befragung vor dem Finanzausschuss des Bundestages zum Wirecard-Skandal ist Bundesfinanzminister Olaf Scholz bei seiner Linie geblieben, dass sich die Finanzaufsicht nichts vorwerfen lassen müsse.

"Das war eine gute, notwendige Diskussion mit vielen Details", sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend. Wirtschaftsminister Peter Altmaier stellte sich gut anderthalb Stunden den Fragen der Abgeordneten nach möglichen Versäumnissen. Der CDU-Politiker kündigte an, er werde nun "sehr, sehr zügig mit dem Kollegen Scholz das weitere Gespräch führen", um eine Stärkung der Scholz unterstellten Finanzaufsichtsbehörde BaFin zu erreichen.

Die Opposition drohte dem möglichen SPD-Kanzlerkandidaten Scholz mit einem Untersuchungsausschuss, der sich bis in das Wahljahr 2021 ziehen würde. Linken-Politiker Fabio De Masi sagte: "Der Untersuchungsausschuss ist weiterhin nötig, zumal sich das Kanzleramt weiterhin wegduckt!". Ob solch ein Ausschuss eingesetzt wird, hängt auch von Grünen und FDP ab. Während die FDP im August Klarheit will, setzen die Grünen zunächst auf weitere Sondersitzungen, um auch die Rolle des Kanzleramtes und die Frage der Geldwäsche zu beleuchten.

"UNTER DEM RADAR DER FINANZAUFSICHT"

Der Ausschuss hatte Scholz und Altmaier eingeladen, um sie zu möglichen Versäumnissen bei der Aufsicht zu befragen. Scholz untersteht die Finanzaufsicht BaFin, während bei Altmaier die Aufsichtsstelle APAS über die Wirtschaftsprüfer angesiedelt ist. Prüfer von EY hatten Wirecard über Jahre eine korrekte Bilanz bescheinigt. Im Juni musste das Dax-Unternehmen aber Insolvenz anmelden, nachdem sich 1,9 Milliarden Euro in der Bilanz als Luftbuchung erwiesen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Ex-Unternehmensführung wegen bandenmäßigen Betruges.

Altmaier sagte, er habe den Abgeordneten mitgeteilt, dass die APAS "sehr früh und zu jedem Zeitpunkt die notwendigen und richtigen Schritte" ergriffen habe. Laut einem Teilnehmer erklärte er, dass die APAS im Herbst 2019 ein Vorermittlungsverfahren gegen EY eingeleitet habe. Anfang Mai 2020 sei daraus ein förmliches Ermittlungsverfahren geworden. Zuvor war Ende April durch Wirtschaftsprüfer von KPMG bekannt geworden war, dass für eine Milliarde Euro in der Bilanz verlässliche Belege fehlten.

Scholz äußerte sich vor Journalisten nicht dazu, warum der Bilanzskandal bei dem Dax-Unternehmen so lange unentdeckt blieb, obwohl die BaFin bereits Anfang 2019 in alle Richtungen ermittelte. Als Konsequenz aus dem Skandal soll es laut Scholz schnell Reformen zur Stärkung der Finanzaufsicht geben. Sein Ministerium hatte einen 16-Punkte-Aktionsplan verbreitet, für den Scholz erst noch Zustimmung finden muss. Auch für Wirtschaftsprüfer müsse es Änderungen geben, wie etwa einen häufigeren Wechsel und eine Trennung von Prüf- und Beratertätigkeit. Altmaier sagte, er sei offen für "sinnvolle Vorschläge".

Bereits vor der Sitzung hatte Scholz seine Linie bekräftigt, dass bei der Finanzaufsicht keine Fehler gemacht worden seien: "Das, was zu tun war, ist getan worden." FDP-Politiker Florian Toncar dagegen warf der Regierung vor, der Bilanzskandal habe sich "unter dem Radar der Finanzaufsicht" über Jahre entwickelt.