(neu: Aussagen aus Pressekonferenz, Aktienreaktion, Analystenstimmen)

FRANKFURT/MAIN (dpa-AFX) - Die Deutsche Bank schöpft nach dem ersten Jahresüberschuss seit 2014 wieder Hoffnung. "Wir sind natürlich noch nicht dort, wo wir hinwollen", räumte Konzernchef Christian Sewing bei der Bilanzvorlage am Freitag in Frankfurt ein. "Aber wir sind überzeugt, dass wir die Grundlage geschaffen haben, um wieder nachhaltig die Rendite für unsere Aktionäre zu steigern."

Mit 341 Millionen Euro fiel der Überschuss 2018 mager aus - sowohl im Vergleich zu den Rekordzahlen der US-Konkurrenz als auch gemessen an der Historie des größten deutschen Geldhauses. Der auf die Anteilseigner entfallende Gewinn betrug 267 Millionen Euro.

An der Börse konnte das Institut mit seinen Zahlen und Zukunftsplänen nicht überzeugen. Bis zur Mittagszeit verlor die Deutsche-Bank-Aktie mehr als drei Prozent an Wert auf 7,50 Euro und war damit Schlusslicht im Dax. Die Aktionäre der Bank sind leidgeprüft. Seit einem Jahr hat das Papier fast die Hälfte an Wert verloren. Der Aktienkurs hatte Ende Dezember bei 6,68 Euro einen historischen Tiefststand erreicht und konnte sich seitdem nur etwas erholen.

Unterdessen soll Großaktionär Katar laut Insidern Interesse an einer weiteren Investition in Deutschlands größtes Geldhaus haben. Bankchef Sewing wollte einen entsprechenden Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg nicht kommentieren. Allerdings sagte er im Anschluss an eine Frage zu Katar: "Wir sind immer erfreut über das Interesse langfristiger Investoren."

Experten sehen den Dax-Konzern bei seiner Sanierung noch nicht über den Berg. "Das Kernproblem der Deutschen Bank ist die schwache Profitabilität", urteilten die Analysten der UBS. Sie könne ungünstige Trends an den Märkten nicht auffangen, geschweige denn Schocks. "Sollte ein neuer konjunktureller Abwärtszyklus beginnen, was ist dann der Plan B?", fragte sich Analyst Analyst Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan Chase.

Sewing verbreitete hingegen Zuversicht. "Die Rückkehr in die Gewinnzone zeigt, dass die Deutsche Bank auf dem richtigen Weg ist", befand er. "Nun geht es darum, den nächsten Schritt zu tun: Wir werden 2019 die Kosten weiter senken und gleichzeitig gezielt in Wachstum investieren. So werden wir unsere Profitabilität auch über das laufende Jahr hinaus substanziell steigern." Wachstumschancen sieht der Vorstand beispielsweise im Kreditgeschäft mit Privat- und Firmenkunden.

Eine konkrete Gewinnprognose für 2019 nannte Sewing nicht. Allerdings gab er das Ziel aus, die um Konzernumbau und Rechtsfälle bereinigten Kosten auf 21,8 Milliarden Euro zu drücken und damit etwas stärker als bisher geplant. 2018 lagen die Kosten bei 22,8 Milliarden Euro. Die Kapitalrendite (RoTE) will der Vorstand 2019 auf mehr als 4 Prozent steigern. Damit läge sie über acht Mal so hoch wie im vergangenen Jahr.

Im Geschäftsjahr 2015 hatte die Deutsche Bank mit rund 6,8 Milliarden Euro den bisher höchsten Verlust in der Unternehmensgeschichte verbucht, 2016 summierte sich das Minus auf knapp 1,4 Milliarden Euro, 2017 standen 735 Millionen Euro Verlust in den Büchern.

Im Schlussquartal 2018 rutschte der Konzern allerdings nach drei soliden Vierteljahren wieder in die roten Zahlen. Für Oktober bis Dezember standen 409 Millionen Euro Verlust in den Büchern. Das war zwar deutlich weniger als das Minus von 2,4 Milliarden Euro ein Jahr zuvor, bedeutete aber dennoch einen Rückschlag.

Die Deutsche Bank erklärte dies mit dem allgemein herausfordernden Marktumfeld, aber auch mit "negativen Nachrichten" rund um die Geldwäsche-Razzia Ende November: Damals hatte ein Großaufgebot von Ermittlern die Deutsche-Bank-Zentrale in Frankfurt durchsucht. Der Vorwurf: Mitarbeiter des Instituts sollen Kunden geholfen haben, Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen zu gründen und so Gelder aus Straftaten zu waschen. Die Durchsuchung stand im Zusammenhang mit den "Panama Papers".

Auch im Zusammenhang mit dem Geldwäsche-Skandal bei der Danske Bankwird die Deutsche Bank immer wieder genannt, weil sie Korrespondenzbank der Danske in Estland war. Rechtsvorstand Karl von Rohr betonte, es gebe weder im Fall der "Panama Papers" noch im Zusammenhang mit der Danske Bank bislang "Hinweise auf ein Fehlverhalten der Bank oder unserer Mitarbeiter". Rückstellungen habe die Deutsche Bank bisher für keinen der beiden Fälle gebildet.

Der Vorstand sieht sich beim Aufarbeiten der teils unrühmlichen Vergangenheit des Instituts auf gutem Weg. Inzwischen seien 19 der 20 Rechtsfälle ganz oder teilweise beigelegt, die Anfang 2016 das größte finanzielle Risiko bargen, teilte die Bank mit. "Es sind keine neuen Angelegenheiten hinzugekommen, die hinsichtlich ihrer Größe oder ihres finanziellen Risikos diesen Fällen ähnlich wären." Die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten verringerten sich binnen Jahresfrist um 40 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro.

Beim Konzernumbau, den bereits sein Vorgänger John Cryan begonnen hatte, drückt Sewing aufs Tempo. Der Stellenabbau kommt etwas schneller voran als zunächst angestrebt. Ende 2018 beschäftigte der Dax-Konzern auf Vollzeitbasis gut 91 700 Mitarbeiter, ein Jahr zuvor waren es noch etwas mehr als 97 500. Bis Ende 2019 will der Vorstand die Zahl der Vollzeitstellen auf "deutlich unter 90 000" verringern. "Natürlich ist es so, dass wir auch weiter reduzieren werden", sagte Sewing. Konkrete Zahlen über 2019 hinaus nannte er jedoch nicht.

Für die Aktionäre soll sich der erste Jahresgewinn seit 2014 zumindest etwas auszahlen: Der Vorstand will wie ein Jahr zuvor eine Dividende von 11 Cent je Aktie ausschütten. Auch wegen des niedrigen Aktienkurses halten sich hartnäckig Spekulationen, die Deutsche Bank und die Commerzbank könnten von der Politik zur Fusion gedrängt werden. Der Bund ist mit gut 15 Prozent größter Einzelaktionär der Commerzbank./ben/stw/zb