(neu: Geänderte Ertragsprognosen für DWS und Investmentbank, Aktienkurs, Analystenstimme)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Deutsche Bank bekommt es bei ihrem laufenden Radikalumbau mit einem stärkeren Gegenwind zu tun. Wegen der verschärften Niedrigzinsen in der Eurozone dürften die Erträge der Kernbank in den kommenden Jahren nicht so stark wachsen wie gedacht. Das im Sommer ausgegebene Ziel für die Eigenkapitalrendite sei nun ehrgeiziger geworden, teilte Deutschlands größtes Geldhaus vor einer Investorenveranstaltung am Dienstag in Frankfurt mit.

Hoffnung schöpft Vorstandschef Christian Sewing aus der Rückkehr wichtiger Kunden. "Mehr als drei Dutzend Konzerne und große institutionelle Kunden haben sich in den vergangenen Monaten dazu entschieden, zu uns zurückzukommen", schrieb der Manager in einem Brief an die Mitarbeiter. Von den Beschäftigten müssen im Zuge des Umbaus viele den Konzern verlassen. Seit dem Sommer stehen bei der Bank 18 000 Stellen auf der Streichliste.

Durch den gründlichen Umbau samt der Einstellung des weltweiten Aktienhandels will Sewing die Rendite auf das materielle Eigenkapital (RoTE) der Bank bis zum Jahr 2022 weiterhin auf acht Prozent nach oben treiben. Für die Kernbank - also ohne die konzerneigene Abwicklungseinheit - peilt er jetzt sogar mehr als neun Prozent an. Und das, obwohl er bei den Erträgen der Kernbank für den Zeitraum 2018 bis 2022 jetzt nur noch mit einem durchschnittlichen Plus von einem Prozent pro Jahr rechnet. Noch im Sommer hatte der Vorstand hier eine durchschnittliche Steigerung von zwei Prozent angepeilt.

Auch bei der Fondstochter DWS erwartet Sewing für den gleichen Zeitraum nur noch ein Ertragsplus von einem statt zwei Prozent pro Jahr. Die DWS selbst geht für 2020 von einer Stagnation aus. Sewing lobte allerdings das "fokussierte Management" der börsennotierten Gesellschaft, an der die Deutsche Bank noch rund 80 Prozent der Anteile hält. Seit drei Quartalen verzeichne die DWS wieder Nettomittelzuflüsse. Bei den Erträgen baut Sewing jetzt stärker auf die hauseigene Investmentbank. Für die Zeit bis 2022 fasst er dort statt einer Stagnation jetzt ein jährliches Ertragsplus von zwei Prozent ins Auge.

An der Börse wurden die Nachrichten gemischt aufgenommen. Die Deutsche-Bank-Aktie gewann am Morgen zunächst bis zu 1,7 Prozent an Wert und war damit einer der wenigen Gewinner im Dax. Wenig später drehte ihr Kurs jedoch in die Verlustzone. Mit minus 1,00 Prozent auf 6,474 Euro hielt sich das Papier am frühen Nachmittag aber etwas besser als der schwache Leitindex.

Noch im Oktober waren die Anteilsscheine aber fast einen Euro höher gehandelt worden. Seit Anfang 2019 hat die Deutsche-Bank-Aktie rund sieben Prozent an Wert verloren, während der Dax um deutlich mehr als ein Fünftel zugelegt hat. Analyst Daniele Brupbacher von der Schweizer Großbank UBS sah im Großen und Ganzen keine Veränderungen bei den Zielen der Frankfurter. Das Ziel einer Eigenkapitalrendite von acht Prozent für 2022 hält er aber für kaum realistisch. Er geht lediglich von fünf Prozent aus.

Allerdings kommt die Bank bei ihrer groß angelegten Umstrukturierung nach eigenen Angaben gut voran. "Wir liegen mit der Umsetzung unserer Strategie nicht nur im Plan, sondern sind in mehreren Bereichen sogar schneller vorangekommen als erwartet", schrieb Sewing an die Mitarbeiter. So arbeite die Abwicklungseinheit bereits an Transaktionen, die eigentlich erst für 2020 geplant gewesen seien.

Zudem entwickle sich die harte Kernkapitalquote besser als gedacht. "Wir bleiben also fest dabei: Wir werden für unsere Transformation ohne weiteres Kapital von unseren Aktionären auskommen", schrieb der Manager und erteilte einer möglichen Kapitalerhöhung damit eine erneute Absage.

Unterdessen bekräftigte er das Ziel, die bereinigten Kosten der Bank bis zum Jahr 2022 um 6 auf 17 Milliarden Euro zu senken. Im laufenden Jahr sollen sie auf 21,5 Milliarden Euro zurückgehen, im kommenden Jahr auf 19,5 Milliarden Euro. Die milliardenschweren Belastungen für den Umbau und den damit verbundenen Stellenabbau sind in den Summen nicht enthalten. Wegen der hohen Kosten etwa für Abfindungen und Abschreibungen erwartet das Management für das laufende Jahr ein weiteres Mal tiefrote Zahlen.

Die Belastungen durch die noch niedrigeren Zinsen will Sewing weitgehend dadurch ausgleichen, indem die Bank ihr Kreditgeschäft ausweitet und Negativzinsen in bestimmten Fällen an die Kunden weitergibt. Vor allem in der Privatkunden- und der Unternehmensbank dürfte das Zinstief auf die Erträge drücken, hieß es.

In der Investmentbank lief es zuletzt hingegen besser. Im laufenden vierten Quartal lägen die Erträge besonders im Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren und Währungen bisher höher als im Vorjahreszeitraum, hieß es. Sewing lobte die Entwicklung der Sparte, die bei dem Konzernumbau besonders stark geschrumpft wird. "Wir haben uns sehr schnell neu aufgestellt, und inzwischen läuft das Geschäft viel besser als erwartet", schrieb der Manager.

Entlastung winkt der Deutschen Bank bei den Kapitalanforderungen. Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt die geforderte harte Kernkapitalquote (CET1) für Deutschlands größtes Geldhaus von 11,84 auf 11,59 Prozent. "Unsere aktuelle harte Kernkapitalquote liegt komfortabel oberhalb der Anforderungen", sagte Deutsche-Bank-Finanzchef James von Moltke. Für Ende 2019 erwartet das Geldhaus eine harte Kernkapitalquote von mehr als 13 Prozent./stw/niw/jha