BERLIN/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Für viele Firmen mit Tausenden von Beschäftigten ist die Corona-Krise noch längst nicht vorbei - ganz im Gegenteil: Trotz der Corona-Lockerungen kommt das Geschäft nicht in Gang, das Eigenkapital schmilzt. Bei Schaustellern, Clubs oder Messe-Veranstaltern steht das Geschäft weitgehend still, Betriebskosten wie Mieten oder Pachten aber müssen weiter gezahlt werden. Um eine Pleitewelle zu verhindern und Jobs zu sichern, ist am Mittwoch ein weiteres Milliardenprogramm des Bundes gestartet. Zugleich gab die EU-Kommission grünes Licht für einen Fonds, mit dem der Staat sich notfalls auch an Firmen beteiligen kann - wie bei der Lufthansa. Weitere Unternehmen könnten folgen.

Bei den Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Firmen im Volumen von insgesamt 25 Milliarden Euro geht es um Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. In einem ersten Schritt können sich seit Mittwoch auf einer Online-Plattform Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer registrieren, die für Firmen die Anträge einreichen müssen. Damit sollen Betrugsfälle wie bei den Corona-Soforthilfen verhindert werden. Ab dem 10. Juli sollen Firmen die Anträge dann stellen können, wie die federführenden Bundesministerien mitteilten. Die Auszahlung der Hilfen erfolgt über die Länder.

Das Programm richtet sich an Firmen, die weiter erhebliche Umsatzeinbußen haben. Die Zahlungen sind je nach Umsatzausfall gestaffelt. Erstattet werden fixe Betriebskosten bis zu einem Betrag von 150 000 Euro - also Kosten wie Mieten und Pachten. Die Überbrückungshilfen als zentraler Bestandteil des Konjunkturpakets der schwarz-roten Koalition sollen für die Monate Juni bis August gewährt werden - für Branchen wie etwa das Hotel- und Gaststättengewerbe, Clubs und Bars, Reisebüros und Schausteller.

Mit Blick auf entsprechende Forderungen von Wirtschaftsverbänden sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), ab der zweiten Augusthälfte werde es darum gehen, ob die Hilfen verlängert würden. Altmaier hatte sich dafür eingesetzt, dass das Programm länger läuft, konnte sich damit in der Koalition aber nicht durchsetzen.

Der Staat hatte in der Krise bereits umfassende Programme beschlossen,um Firmenpleiten zu verhindern und Jobs zu sichern. Darunter waren etwa Sonderkredite und Soforthilfen. Der Bund hatte dafür Milliarden neuer Schulden aufgenommen. Mit den Überbrückungshilfen besserte die Koalition nach, nachdem auch Wirtschaftsverbände weitere Unterstützung gefordert hatten.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertag, Eric Schweitzer, verwies darauf, dass laut Umfragen noch immer rund 20 Prozent der Unternehmen von einem kompletten oder weitreichenden Stillstand ihres Geschäfts berichten. Darunter seien Busunternehmen, Veranstalter von Messen, Konzerten oder Schausteller. "Bei diesen Betrieben müssen die Fixkostenzuschüsse etwa für Mieten, Pachten, Auszubildende und Grundsteuern jetzt schnellstmöglich und unbürokratisch ankommen."

Ein weiteres Instrument des Bundes in der Krise ist der mit einem Budget von 600 Milliarden Euro ausgestattete Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission genehmigten nun diesen von der Bundesregierung eingerichteten Rettungsschirm für Unternehmen. Der Fonds stehe mit den in der Corona-Krise gelockerten EU-Regeln im Einklang, wie die Brüsseler Behörde am Mittwoch mitteilte. Es seien keine unverhältnismäßigen Wettbewerbsverzerrungen zu erwarten.

Ziel des Fonds ist es, größere Unternehmen mit Kapital zu versorgen, die in der Krise unverschuldet in Schwierigkeiten geraten sind. Über den WSF hatte die Bundesregierung bereits ein milliardenschweres Rettungspaket für die angeschlagene Lufthansa auf den Weg gebracht, dem Brüssel bereits zugestimmt hatte. Ebenfalls bereits vor längerem hatten die Kommission grünes Licht für die Verwendung von bis zu 100 Milliarden Euro für die Refinanzierung staatlicher Beihilfemaßnahmen gegeben, die nun Teil des WSF sind.

Das Lufthansa-Paket sah auch vor, dass sich der Staat direkt an der Fluggesellschaft beteiligt. Wie Altmaier sagte, ist die Bundesregierung mit rund 50 Unternehmen über Hilfen aus dem Stabilisierungsfonds im Gespräch. Er gehe davon aus, dass die Zahl steigen werde. Namen von konkreten Firmen nannte Altmaier nicht.

Besonders betroffene Branchen aber sind etwa die Reisewirtschaft, der Schiffbau oder auch der Handel. Eine Beteiligung des Bundes an vielen Firmen könnte etwa in der Unionsfraktion Debatten auslösen. So wird dem Vernehmen nach im Wirtschaftsflügel vor einem Gang in die "Staatswirtschaft" gewarnt.

Die EU-Kommission hatte die Regeln für Staatshilfen wegen der Corona-Krise zuletzt deutlich gelockert. Sie wacht allerdings weiter darüber, dass Hilfspakete nicht zu unverhältnismäßigen Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt führen. Als generelle Auflage gilt zum Beispiel, dass die mit dem Geld der Steuerzahler finanzierte Unterstützung für Unternehmen hinreichend vergütet wird. Zudem dürfen staatlich rekapitalisierte Unternehmen keine Dividenden ausschütten oder Bonuszahlungen leisten./hoe/DP/men