BERLIN (dpa-AFX) - Der geplante Mobilfunkausbau mit dem ultraschnellen Übertragungsstandard 5G sorgt für Streit in Berlin. Wirtschaftspolitiker der Union forderten Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf, den Weg für das sogenannte lokale Roaming frei zu machen. Dabei würden Kunden, die in einer bestimmten Gegend keinen Empfang haben, automatisch mit einem anderen Netz verbunden.

"Die Einführung von lokalem Roaming darf nicht weiter verschleppt werden", heißt es in einer Stellungnahme der fünf CDU-Wirtschaftspolitiker Peter Bleser, Astrid Grotelüschen, Axel Knoerig, Carsten Müller und Stefan Rouenhoff. Diese liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. "Sonst werden wir im ländlichen Raum weiterhin von einem Funkloch ins nächste fahren. Das ist Politik gegen die Menschen und die Wirtschaft im ländlichen Raum."

Aus dem Bundesfinanzministerium gab es zunächst keine Reaktion. Der Betriebsratschef der Telekom, Josef Bednarski, kritisierte die Haltung dieser fünf CDU-Politiker hingegen als "verantwortungslos" und als "Populismus", der schlecht sei für den Industrie- und Mobilfunkstandort Deutschland.

Hintergrund sind Verhandlungen zu einer Novelle des Telekommunikationsgesetzes. Spitzenvertreter der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion wollen, dass die Bundesnetzagentur künftig lokales Roaming in unterversorgten Gebieten anordnen kann, wenn keine freiwilligen Vereinbarungen zwischen den Telekommunikationsfirmen zustande kommen. Für die Öffnung ihrer Netze sollen die Betreiber ein Entgelt von den mitnutzenden Firmen erhalten. "Es geht um die Daseinsvorsorge für alle Bürger", heißt es in der Stellungnahme der CDU-Politiker. "Zugleich verlieren auch die mittelständischen Unternehmen im ländlichen Raum den Anschluss an technologische Entwicklungen. Das kann auch kein SPD-Politiker ernsthaft wollen."

Die Unionsabgeordneten forderten Scholz zum Handeln auf: "Wenn SPD tatsächlich flächendeckend 5G an jeder Milchkanne will, wie sie es behauptet, dann kann Sie jetzt die Weichen dafür stellen. Ansonsten führt die SPD die Menschen im ländlichen Raum hinters Licht."

Das Kürzel 5G steht für die 5. Mobilfunkgeneration. Die Übertragung ist etwa 100 Mal schneller als der aktuell weit verbreitete Standard 4G, auch LTE genannt. Für Privatkunden dürfte 5G nicht allzu wichtig sein, da für die meisten mobilen Anwendungen auf dem Smartphone oder Tablet 4G reicht. Für die Industrie ist 5G hingegen sehr wichtig, etwa für vernetzte Produktionsanlagen.

Die Bundesnetzagentur hatte davor gewarnt, lokales Roaming zu erzwingen. Eine solche Änderung noch vor der 5G-Auktion Ende März würde "erhebliche Rechtsunsicherheiten verursachen und das Auktionsverfahren gefährden".

Die großen Netzbetreiber sehen dadurch teure Investitionen in Funkmasten als entwertet. Arbeitnehmervertreter dieser Firmen warnen die Politik vor den Folgen einer Roamingpflicht für die Mitarbeiter. Die Pläne zum lokalen Roaming gefährdeten Arbeitsplätze, hatte es in einem Brief der Betriebsratschefs von Vodafone, Telefónica und Deutscher Telekom an die Fraktionsspitzen von Union und SPD geheißen. Es sei zu befürchten, dass eine Pflicht, die Infrastruktur für Wettbewerber zu öffnen, den Netzausbau in Deutschland hemmen würde.

Telekom-Betriebsratschef Bednarski untermauerte am Donnerstag seine Kritik. Die realitätsfernen Forderungen der Politiker seien nur mit Unkenntnis erklärbar. "Ein kompletter flächendeckender 5G-Ausbau ist nicht finanzierbar und auch nicht nötig, schließlich reicht flächendeckender 4G-Ausbau für die allermeisten Anwendungen von Privatpersonen", betonte Bednarski. 5G sei hingegen vor allem für die Wirtschaft und Industrie in Deutschland "existenziell wichtig". "Der Standort Deutschland darf nicht durch Unkenntnis und Populismus der Politik abgehängt werden."

Bednarski und seine Pendants von Vodafone und Telefónica hatten sich in den vergangenen Tagen mit SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles sowie Fraktionsvize Sören Bartol und mit CDU/CSU-Fraktionsvize Ulrich Lange in Berlin getroffen und ihre Anliegen vorgetragen. Dabei seien sie auf grundsätzliches Verständnis gestoßen, so Bednarski.

Bei der 5G-Frequenzauktion mitmachen wollen die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica sowie der Mobilfunk-Discounter 1&1-Drillisch, der noch kein eigenes Netz hat. Schätzungen zufolge könnten fünf Milliarden Euro in die Staatskassen gespült werden./hoe/wdw/DP/fba