FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Versorgersektor hat seine jüngsten Turbulenzen am Donnerstag nicht abhaken können. Papiere von RWE und Innogy erholten sich nur Anfangs von ihrem Kurssturz vom Vortag, im Tagesverlauf ging es dann für beide Aktien nochmals kräftig bergab. RWE büßten zuletzt rund vier Prozent ein und waren so das Schlusslicht im Dax . Für Innogy ging es im MDax zeitgleich sogar nochmals um rund 5 Prozent auf 32,30 Euro ab. Am Mittwoch waren beide Aktien schon um etwa 13 Prozent eingebrochen.

Der Börsenwert von Innogy sank damit seit der Gewinnwarnung um etwas mehr als vier Milliarden Euro auf 18 Milliarden Euro - derjenige von RWE um zirka zwei Milliarden Euro auf 10,5 Milliarden Euro. RWE hält noch 77 Prozent der im Herbst 2016 an die Börse gebrachten Tochter. Der Ausgabepreis hatte damals 36 Euro betragen. In den ersten Monaten sackte das Papier bis auf rund 30 Euro ab, berappelte sich dann aber deutlich und hatte erst vor rund einem Monat das bisherige Hoch von 42,68 Euro erreicht. Mit dem Rutsch in den vergangenen beiden Tagen ist die Aktie wieder deutlich unter den Emissionspreis gefallen.

Experten begannen nun am Donnerstag damit, die Nachwehen einer Gewinnwarnung von Innogy tiefgründiger zu analysieren. Mit dieser hatte die Ökostrom-Tochter von RWE den Markt am Vortag auf dem falschen Fuße erwischt. Während die ersten Meinungen zu Innogy am Donnerstag mehrheitlich weiter auf ein neutrales Votum hinausliefen, waren sich die Experten im Falle des Mutterkonzerns RWE nicht so ganz einig.

Die Societe Generale etwa stufte die RWE-Papiere am Donnerstag von "Buy" auf "Hold" ab. Lüder Schumacher betonte, dass Innogy im Portfolio von RWE bislang eher der stabilere Part gewesen sei - und damit der Grund für seine bisherige Kaufempfehlung. "Bei solch heftigen Ausschlägen bei der vermeintlich stabilen Innogy-Aktie kann das Aufwärtspotenzial bei RWE auf alleinstehender Basis leicht verloren gehen", betonte der Experte. Die sinkende Bewertung der Ökostrom-Tochter schlage direkt auf RWE durch, fügte er hinzu.

Dem entgegen stand unter anderem Martin Brough von der Deutschen Bank, der an seiner Kaufempfehlung für RWE fest hielt. Auch Goldman-Sachs-Experte Alberto Gandolfi hält den Aktien mit einem Platz auf der "Conviction Buy List" die Stange. Eines seiner Argumente: Die Ökostrom- und Netztochter Innogy bleibe trotz der Enttäuschung ein Übernahmekandidat. Zuletzt hatte es etwa Spekulationen über Gespräche mit dem italienischen Energiekonzern Enel gegeben.

Innogy hatte am Vortag seine Prognose für den operativen Gewinn in diesem Jahr gesenkt und einen weiteren Rückgang für 2018 in Aussicht gestellt. Begründet wurde dies mit Problemen im britischen Vertriebsgeschäft sowie Investitionen in die Elektromobilität. Auf Verwunderung stieß die Gewinnwarnung auch deshalb, weil es zuletzt weder bei der Vorlage von Quartalszahlen noch auf einer Investorenveranstaltung Andeutungen dazu gegeben hatte.

Dass RWE am Vortag von den Turbulenzen bei Innogy so deutlich mitbelastet wurde, hatten Börsianer vor allem mit der erwarteten Gewinnbeteiligung begründet - auch wenn der Mutterkonzern am Vortag bereits klargestellt hatte, dass er trotzdem hinter seinen eigenen Finanzzielen stehe. Laut Schumacher von der Societe Generale macht die Innogy-Beteiligung etwa 90 Prozent des Aktienwertes von RWE aus.

Die Papiere des Konkurrenten Eon konnten sich dem am Donnerstag mit einem knappen Minus nicht ganz entziehen. Die Aktie der Eon-Abspaltung Uniper jedoch stieg. Sie hat sich aufgrund von Übernahmeaktivitäten, die rund um den Kraftwerksbetreiber schwelen, in den vergangenen Wochen aber ohnehin etwas von der Branchentendenz abgekapselt./tih/bek/jha/zb

Unternehmen im Artikel: E.ON, RWE, Uniper SE, innogy SE