- von Tom Käckenhoff und Vera Eckert

Oder darf es ein schickes Handy sein?" - Mit immer neuen Lockangeboten versuchen die Anbieter auf dem deutschen Strom- und Gasmarkt, Kunden zu ködern. Energieversorger bieten hunderte Euro "Sofort-", "Neukunden-", "Treue-" oder "Gesamtbonus". Dazu verlassen sich Konzerne wie E.ON, Innogy oder EnBW schon längst nicht mehr nur auf die klassischen Vertriebswege. Sie gehen Partnerschaften mit Discountern oder Elektronikketten ein und setzen auf digitale Kanäle. Grund für die Bemühungen: Der Wettbewerb hat sich enorm verschärft, weil neue Anbieter auf den Markt drängen. Das Ziel aller ist, den Kunden lange an sich zu binden und viele zusätzliche Angebote zu verkaufen.

Fast 1300 Stromversorger und knapp 1000 Gasanbieter kämpfen nach Angaben des Branchenverbandes BDEW in Deutschland um Marktanteile. Viele Versorger, darunter auch Stadtwerke, bieten ihr Vertriebsgeschäft inzwischen auch überregional an. "Immer neue und zum Teil branchenfremde Unternehmen stoßen auf den deutschen Strom-, Gas- und Wärmemarkt", sagt der Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Stefan Kapferer. "Viele sind plattformbasiert und etablieren sich zwischen dem Endkunden und dem Energieversorgungsunternehmen." Die klassischen Versorger gerieten dadurch unter Druck. Viele Firmen müssten ihre Geschäftsmodelle hinterfragen und gegebenenfalls in neue Felder investieren. "Es wird notwendig, neue Produkte und Angebote zu entwickeln, zu testen und zu etablieren."

Zahlreiche Firmen bieten inzwischen Produkte für eine intelligente Haussteuerung (Smart Home) an, Ladegeräte für Elektroautos oder Dienstleistungen zum Energiesparen. Zudem müssen sie für die Akquise etwas springen lassen. Gab es früher vom Versorger beim Abschluss eines Stromvertrags vielleicht mal einen Kugelschreiber oder für die Kinder bunte Luftballons, werfen die Versorger heute Neukunden Edleres hinterher. Die Verlockungen reichen von Waschmaschinen, Kühl-Gefrierkombis oder Heißluftfritteusen bis zu Fernsehgeräten, Tablet-Computern oder Mobiltelefonen, Fahrrädern oder Einkaufsgutscheinen, schildert der Energieexperte des Vergleichportals Verivox, Mathias Köster-Niechziol. Bei einigen Prämien seien aber Zuzahlungen nötig.

EXPERTE: LANGE KUNDENBINDUNG ZAHLT SICH AUS

Neben Präsenten gilt für manche Verbraucher das Motto "Nur Bares ist Wahres". Wer einen Gasvertrag bei EnBW abschließt, kann je nach Verbrauch einen Bonus von über 500 Euro kassieren. "Die Höhe des Bonus' hat natürlich mit dem starken Wettbewerb in den Portalen zu tun", erläutern die Karlsruher. Ob und wann sich das rechne, hänge davon ab, wie lange man den Kunden binden könne. "Abseits der Bonusangebote machen wir gerade auch gute Erfahrungen mit der Bündelung von Strom- und Gasprodukten mit weiteren Leistungen, wie zum Beispiel Dienstleistungen oder auch Produkten wie bei uns zuletzt Amazon Echo und Amazon Prime."

Ralf Kurtz, Energieexperte beim Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers, erklärt die Herausforderung für die Kalkulation solcher Anreize: "Die Kunst der Unternehmen ist, gegen Ende der Vertragslaufzeit eine solche Kundenbindung zu erzeugen, dass entweder durch längere Vertragslaufzeit die Marge erzielt werden kann, oder durch Cross-Selling anderer Produkte die Marge vergrößert werden kann."

"Das Anreizprinzip hat sich bewährt, die Wechselbereitschaft ist deutlich gestiegen", resümiert Jens Michael Peters, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Innogy-Tochter "Eprimo". Der Anbieter geht mit Boni in Vergleichsportalen ebenso auf Kundenfang wie die E.ON-Tochter "E wie einfach" oder die EnBW-Marke "Yello". "Der Stromvertrieb ist insgesamt schnelllebiger geworden", sagt Eprimo-Manager Peters. Digitale Vertriebswege gewännen an Bedeutung.

VERBRAUCHERSCHÜTZER: VON BONI NICHT BLENDEN LASSEN

Viele Anbieter setzen auf Partnerschaften mit Firmen aus anderen Branchen, um neue Zielgruppen zu erreichen. "Wir nutzen diverse Vertriebswege, etwa mit Lidl oder mit ProSiebenSat1, erläutert die Vorsitzende der Geschäftsführung von E.ON Energie Deutschland, Victoria Ossadnik. Eprimo kooperiert mit den zu Ceconomy gehörenden Elektromarktketten MediaMarkt und Saturn.

Verbraucherschützer raten indes beim Wechsel und insbesondere bei Thema Boni zur Vorsicht. "Die Boni sind ein lukratives Mittel, Kunden anzulocken, ohne die Preise zu senken", betont Thorsten Kasper, Energiexperte bei der Verbraucherzentrale Bundesverband. Die Kunden sollten vielmehr auf den Grundpreis und den Preis pro Kilowattstunde achten. Hinzu komme, dass es bei der Auszahlung der Boni oft Schwierigkeiten gebe, wenn es etwa darum gehe, ob bei einer Kündigung des Vertrags die Bedingungen noch erfüllt seien.

(redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069-7565 1236 oder 030-2888 5168.)