LUXEMBURG (dpa-AFX) - Opfer herabwürdigender Kommentare in sozialen Netzen sind von einem wichtigen EU-Gutachter gestärkt worden. Plattformen wie Facebook könnten dazu gezwungen werden, wortgleiche Kommentare einer rechtswidrigen Bemerkung weltweit ausfindig zu machen. Zusätzlich könne verlangt werden, auch sinngleiche Kommentare des Nutzers, der die ursprüngliche Beleidigung gepostet hatte, zu finden, befand der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs, Maciej Szpunar, am Dienstag in Luxemburg (Rechtssache C-18/18).

Szpunar betonte, dass die entsprechende EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr einer Löschung dieser Kommentare nicht entgegensteht. In seinem Gutachten konzentrierte er sich aber auf den vorangehenden Schritt, diese Kommentare ausfindig zu machen. Über den Zwang zum Löschen müsse ein nationales Gericht entscheiden.

Hintergrund ist der Fall der ehemaligen österreichischen Politikerin Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne), die von einem Facebook-Nutzer auf seiner Seite unter dem Text eines Zeitungsartikels beleidigt wurde. Ein österreichisches Gericht wollte vom EuGH wissen, ob Facebook zur Löschung inhaltsgleicher Kommentare gezwungen werden könne.

Szpunar betonte nun, dass die fraglichen EU-Regeln es zulassen, ein Unternehmen wie Facebook gerichtlich dazu aufzufordern, seine komplette Plattform nach wortgleichen Kommentaren zu durchsuchen. Dafür bedürfe es keiner hochentwickelten Technik, zudem garantiere dies ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Grundrechten und dem Schutz der Meinungsfreiheit.

Darüber hinaus kann das Unternehmen demnach dazu gezwungen werden, sinngleiche Kommentare des Nutzers zu identifizieren, der die rechtswidrige Bemerkung gepostet hatte. Eine Ausweitung dieser Pflicht auf alle Nutzer sei hingegen unausgewogen. Sollte ein Gericht darüber entscheiden, ob derlei sinngleiche Kommentare gelöscht werden müssen, müssten die Richter bei ihrer Entscheidung die Grundrechte abwägen und verhältnismäßig urteilen.

Die Einschätzung des Gutachters ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig folgen sie ihr aber. Ein Urteil dürfte in den kommenden Monaten fallen./wim/DP/he