BERLIN (dpa-AFX) - Ein knappes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes gegen Hass im Netz (Netzwerkdurchsetzungsgesetz) haben sich viel weniger Internetnutzer wegen mangelhafter Löschungen beschwert als erwartet. Bis Ende November seien beim Bundesamt für Justiz (BfJ) über das Online-Formular erst 704 Meldungen eingegangen, teilte die Behörde dem "Handelsblatt" (Dienstag) mit. Der Gesetzgeber war nach Angaben eines Sprechers des Bundesamtes von rund 25 000 Meldungen und 500 Bußgeldverfahren im Jahr ausgegangen.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gilt seit dem 1. Januar. Das Gesetz setzt bestimmte Löschfristen bei offensichtlich strafbaren Inhalten wie Volksverhetzung. Offenkundig strafbare Inhalte sollen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden, bei schwieriger zu entscheidenden Fällen soll innerhalb von sieben Tagen dagegen vorgegangen werden. Wer dieser Forderung wiederholt und systematisch nicht nachkommt, dem drohen Bußgelder in Millionenhöhe.

FDP und Grüne halten die Zahlen des Bundesamts für wenig aussagekräftig. Der FDP-Digitalpolitiker Manuel Höferlin sagte der Zeitung: "Die geringe Anzahl an Beschwerden könnte auch darauf hindeuten, dass sich die Nutzer sich selbst zensieren. Das Gesetz würde damit sozusagen zu einem Overblocking in den Köpfen führen." Auch für den Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz taugt der Befund des Bundesamts nicht als Indikator für das Funktionieren des Gesetzes. "Vielmehr zeigen die Zahlen, dass auch die Implementierung der Meldewege bis heute stark verbesserungsfähig ist, auch hier müsste man dringend nachjustieren und klarere Vorgaben machen."

SPD-Netzpolitikerin Saskia Esken (SPD) wertete die geringe Anzahl an Beschwerden dagegen als Beleg für die Wirksamkeit des Gesetzes, denn "die Unternehmen haben Strukturen aufgebaut, um mit Hinweisen auf potenziell strafbare Inhalte regelmäßig und verantwortungsvoll umzugehen"./hme/DP/zb