BERLIN/GREIFSWALD (dpa-AFX) - Die Genehmigung für die umstrittene Ostsee-Gas-Pipeline Nord Stream 2 kommt auf den juristischen Prüfstand. Der Umweltverband Nabu hat eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Bergamtes Stralsund vorbereitet, die am Montag beim Oberverwaltungsgericht Greifswald eingereicht werden soll. Mit einem Eilantrag will der Verband zudem erreichen, dass die Gazprom-Tochter nicht wie angekündigt im Mai mit den Bauarbeiten beginnt.

"Wir sehen eklatante Verfahrensfehler und bezweifeln, dass der Bau der Pipeline keine erheblichen Auswirkungen auf die Meeresumwelt hat", sagte der Nabu-Meeresschutzexperte Kim Detloff am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Das Bergamt hatte im Januar grünes Licht für den Bau der Erdgastrasse in den deutschen Küstengewässern gegeben. Am Montag läuft die Klagefrist gegen diesen Bescheid ab. Danach würde der Beschluss rechtskräftig werden.

Weder Russland, Schweden und Finnland noch Dänemark haben bislang eine Baugenehmigung für die in Europa umstrittene, etwa acht Milliarden Euro teure Pipeline erteilt. In Deutschland sollten nicht Tatsachen geschaffen werden, bevor nicht die anderen Staaten über den Bau entschieden haben, sagte Detloff.

Die Bundesregierung unterstützt das Vorhaben. Vor allem osteuropäische EU-Mitgliedsstaaten kritisieren den Bau hingegen als politisch motiviert und fürchten um ihre Energiesicherheit.

Nord Stream 2 ist bereit für den Baustart. So hatte das Unternehmen in den vergangenen Monaten bereits einen Großteil der 200 000 Rohre an die Verlegeplätze entlang der geplanten Trasse bringen lassen. Die Verlegeschiffe sind bereits geordert. Die Gazprom-Tochter will bisherigen Plänen zufolge die Pipeline mit einer Jahreskapazität von 55 Milliarden Kubikmeter russischem Gas im Jahr 2019 in Betrieb nehmen.

Der Umweltverband begründet die Klage auch mit dem fehlenden Bedarf für weitere Gaslieferungen aus Russland. "Die Baugenehmigung für Nord Stream 2 basiert auf überholten Annahmen", sagte Detloff. Die Gasimport- und Speicherkapazitäten Deutschlands seien heute drei Mal so groß wie der tatsächliche Verbrauch.

"Der für Nord Stream 2 eingebrachte Planfeststellungsbeschluss zielt darauf ab, dass die Pipeline die deutsche und europäische Energiesicherheit nachhaltig stärkt. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Trends der Transformation der Energiesysteme in Richtung Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit auf der Basis erneuerbarer Energien", heißt es in dem Nabu-Gutachten zur Klage. Ein Neubau von Erdgaskraftwerken konkurriere somit nicht mit der Kohle, sondern mit Erneuerbaren Energien.

Zudem bezweifelt der Nabu, dass der Planfeststellungsprozess den Erfordernissen eines unabhängigen behördlichen Genehmigungsverfahrens entspricht. Große Teile der Monitoringdaten zu den Umweltauswirkungen hätten gefehlt, beklagt der Verband. Projektergänzungen, die durch Nord Stream 2 im Verfahren eingebracht wurden, seien keiner vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden.

Nach Auffassung des Umweltverbandes wird mit dem Bau der Pipeline in streng geschützte Lebensräume eingegriffen. In den deutschen Gewässern verlaufe die Gaspipeline vollständig durch Meeresschutzgebiete. Schweinswale, Flussneunaugen und Meeresenten seien gefährdet. Der WWF Deutschland unterstützt die Klage des NABU mit fachlichen Argumenten und Kostenbeteiligung./mrt/DP/stw