BERLIN (dpa-AFX) - Die deutsche Wirtschaft hat die Bundesregierung aufgefordert, beim Ostsee-Pipeline-Projekt "Nord Stream 2" eine Vermittlerrolle zwischen der Ukraine und Russland einzunehmen. "Die deutsche Regierung kann vermitteln, weil Deutschland und die deutsche Wirtschaft eine wichtige Rolle bei dem Projekt spielen", sagte Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, der Deutschen Presse-Agentur.

Am Sonntag bricht Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zu einer zweitägigen Reise zunächst in die Ukraine und anschließend nach Russland auf. Der CDU-Politiker will in Kiew sowie dann in Moskau bis Dienstag mit seinen Amtskollegen über energie- und wirtschaftspolitische Fragen sprechen. Er hatte der Ukraine in der Debatte um Nord Stream Unterstützung signalisiert.

Bei den Verhandlungen zwischen dem russischen Gaskonzern Gazprom und der ukrainischen Gasgesellschaft Naftogaz gehe es vor allem um den Umfang des Gastransits durch die Ukraine, sagte Harms. "Es herrscht Einigkeit darüber, dass das ukrainische Transitnetz weiterhin benötigt wird, weil der Importbedarf in der EU steigt und Nord Stream 2 noch auf Jahre nicht mit voller Kapazität zur Verfügung stehen wird. Die Frage ist nun, auf welche Durchleitungsmengen sich beide Seiten einigen können."

"Nord Stream 2" soll russisches Erdgas über die Ostsee nach Mittel- und Westeuropa transportieren. Die Ukraine befürchtet eine sicherheitspolitische Verschlechterung, sollte sie als Erdgas-Transitland für Russland weniger wichtig werden. Für die Ukraine und andere osteuropäische Länder sind Transitgebühren für russisches Gas zudem eine wichtige Einkunftquelle. In der EU warnen Kritiker vor einer Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen.

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock kritisierte, das Pipeline-Projekt konterkariere die Sanktionspolitik der EU nach der völkerrechtswidrigen russischen Besetzung der Krim. "Das Projekt wird allein aus wirtschaftspolitischen Gründen betrieben, aber europapolitisch läuft es allen Ansprüchen zuwider", sagte Baerbock der "Welt am Sonntag"./hoe/DP/he