FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Hiobsbotschaften beim Maschinenbauer Gea reißen nicht ab. Auch für dieses Jahr könnte es nach den schwachen Geschäftszahlen zum Jahresauftakt eine Gewinnwarnung geben. Die Enttäuschung der Anleger spiegelt sich im zwischenzeitlich steil gefallenen Aktienkurs wider. Mit Spannung wird nun auf die an diesem Donnerstag stattfindende Hauptversammlung geblickt, ebenso wie auf die endgültigen Quartalszahlen am 4. Mai. Analysten und Anleger erwarten Erklärungen vom langjährigen Vorstandschef Jürg Oleas und dem restlichen Führungsgremium. Oleas hatte unlängst bekanntgegeben, dass er im April 2019 seinen Posten vorzeitig abgibt. Am Mittwochabend wurde dann bekannt, dass auch Finanzchef Helmut Schmale vorzeitig geht.

DAS IST LOS BEI GEA:

Seit Ende 2016 ist der Wurm drin: Das Ende des Superzyklus der Molkereiprodukte ließ die Investitionen der Branche einbrechen. Das setzte der Gea Group zu, die als Maschinenbauer stark auf diesen Bereich ausgerichtet ist. Es folgten schwache Geschäftszahlen und gekappte Jahresprognosen. Anfang April 2018 war es mal wieder soweit: Nach einem Gewinneinbruch im ersten Quartal setzte der seit annähernd 14 Jahren als Vorstandschef bei Gea tätige Oleas ein dickes Fragezeichen hinter die Konzernziele.

Nicht nur der starke Euro, der auf der Auftragslage lastet, macht dem MDax-Konzern zu schaffen. Anders als erwartet haben auch Geas Endmärkte, vor allem im Bereich der Milchverarbeitungsindustrie, ihre Schwäche noch nicht überwunden. Auch der schon länger eingeleitete Konzernumbau geht nicht so schnell voran wie erwartet.

Selbst um die aktivistischen Aktionäre ist es verdächtig still. Als 2017 bekannt wurde, dass der belgische Unternehmer Albert Frère ein größeres Aktienpaket hält und kurz darauf Hedgefonds-Manager Paul Singer seinen Anteil ausbaute, hatten die Anleger zunächst Mut geschöpft. Da beide bekannt dafür sind, auch mit relativ geringen Beteiligungen deutlich Einfluss auf die Geschäftspolitik zu nehmen, glaubten sie: Nun wird Druck gemacht, die Strategie überprüft und eine Wende eingeläutet. Doch bisher geschah nichts. Ob die Hauptversammlung nun etwas Neues bringen wird, bleibt abzuwarten.

Grund, Druck zu machen, gibt es jedenfalls, denn Geas Hauptkonkurrent Alfa Laval setzt zwar weniger um, arbeitet aber profitabler. An der Börse wird das honoriert: Mit aktuell umgerechnet 8,3 Milliarden Euro ist der schwedische Maschinenbauer höher bewertet als die Gea Group, deren Börsenwert sich auf rund 6,6 Milliarden Euro beläuft.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Erstaunlicherweise sind trotz des "ganzen Schlamassels", wie Deutsche-Bank-Analystin Felicitas von Bismarck die Situation bei Gea beschreibt, die meisten Experten geduldig. Von insgesamt 30 Analysten raten nur zwei, Gea-Aktien zu reduzieren. Dagegen empfehlen 17, die Aktien zu halten. Elf weitere Analysten sogar sehen schon wieder Kaufkurse.

Die Deutsche-Bank-Expertin nannte die wiederholt negativen Überraschungen und die schlechte Berechenbarkeit der künftigen Geschäftsentwicklung "hochgradig frustrierend". Wegen des jüngsten Kurssturzes der Aktie hält sie jedoch an ihrer "Buy"-Einstufung fest. Sie kappte allerdings das Kursziel von 41 auf 38 Euro. "Verborgen unter all dem Schlamassel verfügt Gea über starke Vermögenswerte", schrieb sie. Diese dürften ihres Erachtens sichtbarer werden, sobald Gea mit der Portfoliobereinigung weiterkomme. Daher will sie nun die Hauptversammlung und auch die Managementaussagen zum endgültigen Quartalsbericht im Mai ganz genau verfolgen.

Zu den größten Optimisten zählt Analyst Wasi Rizvi von der kanadischen Investmentbank RBC Capital mit seinem Urteil "Outperform" und einem Kursziel von 45 Euro für Gea. Zwar verwies er ebenso wie andere Experten auf die schwache Profitabilität, beurteilt außerdem den mittelfristigen Ausblick als verhalten und rechnet wegen des zur Hauptversammlung 2019 erwarteten Wechsels an der Führungsspitze mit Verunsicherungen. Doch sieht er nach wie vor "Wert in den Aktien".

Besonders kritisch ist dagegen Sebastian Growe von der Commerzbank gestimmt, der Gea nach den jüngst schwachen Quartalszahlen prompt auf "Reduce" mit einem Kursziel von 32 Euro senkte. "Warten auf Godot" titelte er in Anspielung auf Samuel Becketts Theaterstück, das als Sinnbild für augenscheinlich endloses, vergebliches Warten steht. Er sehe nach dem schwachen Jahresstart praktisch keine offenkundigen Kurstreiber mehr, erklärte Growe.

DAS IST DIE KURSENTWICKLUNG:

Seit dem im August 2016 erreichten Rekordhoch bei 50,17 Euro ging es praktisch nur noch abwärts. Die Papiere büßten nach der ersten Gewinnwarnung im Oktober 2016 etwas mehr als ein Drittel ihres Wertes ein und sackten bis auf 32,62 Euro ab. Dann fanden sie zwar für rund ein Jahr zwischen 36 und 39 Euro einen Boden. Der Index der mittelgroßen Werte eilte zugleich allerdings zusammen mit vielen vergleichbaren Unternehmen von Rekord zu Rekord.

Seit Beginn dieses Jahres ging die Gea-Aktie dann erneut steil auf Talfahrt. Der jüngste Schock vom 12. April mit den vorläufigen Geschäftszahlen zum Jahresauftakt ließ die Aktien zuletzt bis auf 31,56 Euro abstürzen. Damit fielen sie auf den tiefsten Stand seit Oktober 2015. Allein im bisherigen Jahresverlauf haben sie nun schon rund 14 Prozent eingebüßt und sind damit sechstschwächster Wert im 50 Unternehmen umfassenden MDax./ck/he/das