MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der weltweite Boom in der Luftfahrt treibt den Triebwerksbauer MTU in immer größere Höhen. Auch wenn kein Flugzeug-Antrieb den Namen des MDax-Konzerns trägt, ist das Münchner Unternehmen doch bei einer Vielzahl der Passagierjet-Typen als Partner mit am Start. Der Aktienkurs gibt der MTU-Strategie recht. Was los ist beim Unternehmen, was Analysten sagen und was die Aktie macht:

DAS IST LOS BEI MTU:

Es läuft richtig gut bei MTU. Das Münchner Unternehmen, seit 2005 an der Börse gelistet, hat seit Jahren meistens auf die richtigen Pferde gesetzt. Umsatz und Gewinn wachsen von Jahr zu Jahr, ein Ende ist nicht in Sicht. Erst Ende März erreichte der Auftragsbestand mit 18,5 Milliarden Euro einen Höchstwert. "Das bedeutet rechnerisch eine Auslastung von fast vier Jahren", sagt Vorstandschef Reiner Winkler. Der Manager hatte den Posten 2014 von Egon Behle übernommen und führt das Unternehmen bisher von Rekord zu Rekord.

MTU entwickelt und baut an den Antrieben für Mittelstrecken- und Großraumjets von Boeing und Airbus mit. Auch der brasilianische Regionaljet-Hersteller Embraer setzt auf Triebwerke mit MTU-Beteiligung. Im Kampfjet Eurofighter sorgt ebenfalls MTU-Technik mit für den Vortrieb. Hinzu kommt das Wartungsgeschäft, das seine Gewinne zuletzt kräftig steigern konnte.

Ein eigenes MTU-Triebwerk gibt es nicht, und das aus gutem Grund: Die Entwicklung wäre so teuer, dass ein Flop eines Modells das Unternehmen leicht die Existenz kosten könnte. Doch in verschiedenen Bündnissen mit Partnern wie General Electric, der United-Technologies-Tochter Pratt & Whitney und früher auch dem britischen Hersteller Rolls-Royce hat sich MTU wichtige Anteile gesichert - und dadurch immer mehrere Eisen im Feuer.

Beim jüngsten Verkaufsschlager, dem Getriebefan-Antrieb für den Airbus-Megaseller A320neo und andere Typen, liefert MTU vor allem die Niederdruck-Turbine und den Hochdruckverdichter. Wichtigster Partner ist Pratt & Whitney, weshalb die Triebwerks-Bezeichnung auch mit dem Kürzel PW beginnt. Allerdings hat MTU für das Modell erstmals auch eine eigene Endmontagelinie aufgebaut. Obwohl die Antriebe anfangs mit Kinderkrankheiten Schlagzeilen machten, scheint die Nachfrage ungebremst.

Auch beim herkömmlichen Airbus A320 sowie den Langstreckenjets Airbus A350, Boeing 787 "Dreamliner", Boeing 777 sowie dem alten und neuen Jumbo-Jet 747 ist vielfach MTU-Technik mit an Bord. Arg verschätzt hatten sich die Münchner und ihre Partner beim weltgrößten Passagierjet A380. Airbus muss die Produktion mangels Nachfrage im Jahr 2022 und damit nur 14 Jahre nach der ersten Auslieferung einstellen.

Doch MTU hatte bei der A380 für sich längst nicht mehr mit neuen Aufträgen gerechnet. Stattdessen liefert der Hersteller mit General Electric den Antrieb für die modernisierte Boeing 777-X. Sollte Boeing tatsächlich einen neuen mittelgroßen Jet entwickeln, stehen die Münchner zusammen mit Pratt & Whitney schon in den Startlöchern. Mit Boeings Mittelstreckenjet 737 Max, der nach zwei Abstürzen mit einem weltweiten Startverbot belegt ist, hat MTU nichts am Hut.

Schon im vergangenen Jahr lief das Geschäft der Münchner bestens. Gleich zweimal hob der Vorstand seine Jahresziele für Umsatz und Gewinn an - und übertraf am Ende noch klar die angehobenen Prognosen.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Viele Branchenexperten sind seit Langem so begeistert von MTU, dass sie sich angesichts des erreichten Kursniveaus inzwischen bremsen müssen. Von den 18 im dpa-AFX Analyser erfassten Analysten raten nur noch 8 zum Kauf der Papiere, 9 empfehlen, die Aktien zu halten. Nur einer rät zum Verkauf. Angesichts ihrer Kursziele scheint das fast verwunderlich. Denn im Schnitt trauen die Experten der Aktie einen Kurs von 204 Euro zu - ein Niveau, das sie zuletzt bereits überschritten hat.

So lobte Analyst Christian Cohrs von Warburg Research vor wenigen Tagen den guten Jahresstart des Unternehmens und setzte sein Kursziel auf 190 Euro herauf. Trotz des demnach zu erwartenden Kursverlusts rät er dazu, die Aktie zu halten. Sein Kollege Andrew Gollan von der Privatbank Berenberg traut dem Papier nach dem jüngsten Sprung hingegen einen weiteren Anstieg auf 232 Euro zu.

Experte Wolfgang Donie von der NordLB ist mit 235 Euro noch etwas optimistischer und begründet dies auch mit der Produktpalette der Münchner: Strategisch und produktseitig sei MTU gut aufgestellt, um weiter vom langfristigen Wachstumstrend in der Luftfahrt zu profitieren.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Für die MTU-Aktionäre ist die Entwicklung des Unternehmens eine helle Freude. Seit dem Börsengang im Jahr 2005 hat sich der Aktienkurs nahezu verzehnfacht. Allein seit einem Jahr steht ein Kursgewinn von fast 40 Prozent zu Buche, mit Blick auf die vergangenen fünf Jahre hat sich der Wert der Aktie sogar mehr als verdreifacht.

Nach der Vorlage der überraschend gut ausgefallenen Quartalszahlen Ende April erreichte der Kurs mit 211,30 Euro sogar einen Rekordwert. Seither ging es wieder etwas abwärts auf etwa 205 Euro. Insgesamt ist MTU an der Börse damit fast elf Milliarden Euro wert - und damit sogar etwas mehr als die Lufthansa./stw/ari/he