Die PSA-Tochter erklärte am Mittwoch, mit dem Unternehmen aus Nanterre nahe Paris werde über eine strategische Partnerschaft verhandelt. Segula Technologies wolle einen europäischen Engineering-Campus in Rüsselsheim zu gründen. Dort solle nicht nur für die Automobilindustrie geforscht und entwickelt werden, sondern auch für Branchen wie Bahn und Energie. Segula kündigte an, bei einer Einigung bis zu 2000 der insgesamt rund 7000 Mitarbeiter des Entwicklungszentrums in Rüsselsheim zu übernehmen. Auch der bis 2023 vereinbarte Kündigungsschutz bliebe gewahrt. Darauf besteht auch die hessische Landesregierung. PSA-Chef Carlos Tavares versuchte, die Gewerkschaft zu besänftigen, die erst über die Medien von den Gesprächen erfahren haben will.

Opel-Chef Michael Lohscheller sagte, Segula wolle in Deutschland wachsen und deshalb eine starke Präsenz in der Forschung und Entwicklung aufbauen. "Der Standort in Rüsselsheim wäre dafür perfekt." Eine Übernahme könnte zudem neue Tätigkeitsfelder für das Engineering in der Stadt eröffnen. Man spreche mit Segula über eine Übernahme von Anlagen im Bereich Fahrzeug- und Antriebsentwicklung sowie von einigen Gebäuden. Finanzielle Details nannte er nicht. Dafür soll eine Gesellschaft gegründet werden, zu der die rund 2000 Beschäftigten dann wechseln. Segula wäre Alleineigentümer. Dennoch bleibe das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim "das Herz von Opel", sagte Lohscheller. Hier würden die künftigen Opel-Modelle entwickelt. Zudem übernimmt die deutsche Tochter am Stammsitz in Rüsselsheim bestimmte Entwicklungsaufgaben im PSA-Konzern. An den Verkauf von weiteren Teilen werde nicht gedacht.

"SIND NICHT HIER UM SPIELCHEN ZU SPIELEN"

Der Ingenieur-Dienstleister Segula beschäftigt weltweit 11.000 Mitarbeiter. Zu den rund 300 Kunden des Familienkonzerns gehören Firmen aus der Autobranche, der Luftfahrt- und Verteidigungsindustrie, dem Energiesektor, dem Schienenverkehr sowie der Schifffahrt, der Pharmazie und der Petrochemie. Durch Zukäufe sind die Franzosen bereits in der Entwicklung von Karosseriekomponenten für Auto- und Nutzfahrzeugbauer tätig. Geschäftsführer Laurent Germain warb für die Partnerschaft: "Dieses Projekt wäre eine sehr gute Nachricht für die europäische Automobilindustrie, die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Gemeinden vor Ort." Deutschland sei ein Eckpfeiler in der Wachstumsstrategie des Unternehmens.

Konzenchef Tavares sagte, er setze auf positive Gespräche mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft über einen Teilverkauf. "Ich erwarte mir auf dem Wege der Mitbestimmung die Unterstützung der Arbeitnehmer", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagausgabe). Er habe großes Interesse daran, dass die Arbeitnehmervertreter in den Prozess einbezogen würden. Gleichzeitig versicherte er die Ernsthaftigkeit seiner Absichten: "Wir sind nicht hier, um Spielchen zu spielen oder zu taktieren." Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir erklärten, die Mitarbeiter und der Betriebsrat müssten eingebunden werden. "Die Arbeitsplatzgarantie bis 2023 muss auch für die Mitarbeiter, die unter einem neuen Eigentümer weiterarbeiten, gewährleistet bleiben", betonten sie.

Die IG Metall hatte dem Opel-Mutterkonzern PSA zuvor eine mangelhafte Kommunikation mit der Belegschaft vorgehalten. "Das Management von PSA hat noch immer riesige Probleme mit der Mitbestimmung und dem fairen Umgang mit Beschäftigten, Betriebsräten und IG Metall", erklärte Bezirkschef Jörg Köhlinger. Wer glaube, Arbeitnehmervertreter seien dazu da, Entscheidungen des Managements nachträglich abzunicken und dann widerspruchslos bei der Umsetzung mitzuwirken, produziere harte Konflikte. Die Gewerkschaft werde den Vorschlag für eine Partnerschaft mit Segula sehr kritisch prüfen. "Erst einmal gilt: Veräußert man das Entwicklungszentrum, beraubt man Opel seiner DNA", sagte Köhlinger.

Der Betriebsrat hatte zuletzt argumentiert, ein Verkauf des Entwicklungszentrums wäre nicht nötig, weil Opel nach dem von PSA vorangetriebenen Sparkurs inzwischen schwarze Zahlen schreibe. Seit der Übernahme von Opel durch PSA Peugeot Citroen hatte die Belegschaft des Entwicklungszentrums um ihre Arbeitsplätze gebangt, weil die Franzosen die Arbeit neu organisieren und Aufträge des früheren Eigners General Motors wegfallen. PSA hatte Opel vor einem Jahr übernommen und mit dem Betriebsrat nach langwierigen Verhandlungen einen Sanierungsplan ausgehandelt. Der sieht den Abbau von 3700 der insgesamt rund 18.000 Stellen in Deutschland und Investitionen in neue Modelle vor.